Westfalenpost: #MeTwo und Alltagsrassismus: Höchste Zeit, auf Zuhören umzuschalten
Hagen (ots)
Der Rückzug von Mesut Özil aus der Nationalmannschaft könnte genau zur rechten Zeit gekommen sein. Er könnte etwas Gutes haben, das rein gar nichts mit Fußball zu tun hat, aber für unser Land bedeutsamer ist. Özils Entscheidung könnte eine Debatte darüber auslösen, was man eigentlich tun muss, um ein guter Deutscher zu ein. Auf der Suche nach einer Antwort gehört es dazu, sich ehrlich zu machen. Vielleicht haben wir uns bisher etwas vorgemacht. Die Anstrengungen der vergangenen Jahrzehnte waren eben nicht von Erfolg gekrönt. Wir schreiben das Jahr 2018 und erleben Debatten, die aus den 1990er-Jahren zu stammen scheinen. Wir spüren eine Aggression und eine Polarisierung, die sprachlos macht und die Atmosphäre vergiftet. Es ist ein Punkt erreicht, an dem sogar der stets zurückhaltende Präsident des Bundesverfassungsgerichts führende CSU-Politiker daran erinnert, in ihrer Rhetorik maßvoll zu sein. Unabhängige Medien - auch diese Zeitung - und Journalisten werden von rechten Scharfmachern diffamiert. Der neue Alltag ist bedrohlich. Hochrangige Vertreter deutscher Unternehmen fürchten um das internationale Ansehen unseres Landes, viele Menschen sind einfach nur besorgt. Es ist höchste Zeit, den Modus zu ändern und auf "Zuhören" umzuschalten. Zum Beispiel jenen, die Diskriminierung von klein auf kennen und nicht mehr glauben, dass sie mit ausreichend Anstrengung auch aufrichtige Anerkennung erfahren. Dann gehört auch Kritik zum Zusammenleben, Widerspruch selbstverständlich. Ob aber jemand Schweinefleisch mag oder ablehnt, ist irrelevant bei der Frage, ob er ein guter Deutscher ist. Das Grundgesetz dagegen ist keine Frage von Geschmack. Seine Regeln gelten für alle, die in unserem Land leben möchten. Wir sollten sehr darauf Acht geben.
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