Westfalenpost: Nicht nur gute Osterbotschaften Sorge um das Klima, Bangen um Geiseln
Hagen (ots)
Von Bodo Zapp
Genießen wir das Wetter, so lange wir es noch haben. Angenehme Temperaturen werden uns kurzfristig versprochen, mehr aber noch ist in diesen Tagen von langfristig besorgniserregender Erwärmung die Rede. Manche Nachrichtensendung erweckt den Eindruck, dass die Welt einen Schritt vor dem Abgrund steht. Bei aller berechtigten Ermahnung zu vorsorgenden Verhütungsmaßnahmen: Der Klimaschock wird etwas dick aufgetragen. Natürlich ist es unstrittig, oder sollte es sein, dringenden Handlungsbedarf zur Bewahrung unserer Erde anzumelden. Wir haben ja nur diese eine. Wissenschaftler aus aller Welt, die Fakten und Prognosen für den UN-Klimabericht gesammelt haben, müssen sich Gehör verschaffen. Doch kann man durchaus den Verdacht haben, dass Professor Apokalypse, Dr. Horror und Experte Schwarzmaler düsterste Farben bevorzugen, um nicht überhört zu werden. Vergehen an Zukunft Klimawandel hat es immer gegeben, auch ohne den in der Neuzeit extrem angewachsenen CO2-Ausstoß. Rückzug auf das Prinzip Abwarten wäre jedoch ein Vergehen an der Zukunft. Es ist nicht nur Sache der Politiker, sondern von uns allen, aus den objektiven Anzeichen eines Klimawandels notwendige Konsequenzen zu ziehen. Was wir brauchen, hier und in der - klimamäßig naheliegenden - fernen Welt, sind keine wohlfeilen Sprüche, sondern praktische Handlungen. Da Erkenntnis bekanntlich der erste Weg zur Besserung ist, sollte es nicht zu spät sein für einen Wandel im Umgang mit der Energie. Niemand darf mehr sagen, er habe nicht gewusst, wie schädlich das Verpesten der Luft ist. Aber jeder muss auch wissen, dass es Besserung nicht zum Nulltarif gibt. Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass: So wird das nichts mit dem Wandel zum Guten. Klimaabgabe auf den Flugpreis? Warum nicht, wenn die Gelder wirklich sinnvoll eingesetzt werden. Warnung vor der Luftbelastung durch Osterfeuer? Das Thema ist zu wichtig, um es mit solchen Lächerlichkeiten in Verruf zu bringen. Durchatmen, nachdenken und es nicht bei Appellen belassen, das muss die Richtung sein. Noch haben wir das Gesetz des Handelns in der Hand. Wobei Verweise auf den Stein im Auge des anderen ihre Berechtigung haben, doch beginnt der Kampf für Klimaschutz beim Staubkorn im eigenen Umfeld. Tacheles reden Beim Juni-Treffen der Mächtigen der Welt in der Festung Heiligendamm sollten die Treibhausgase auf der Tagesordnung stehen, sagt Angela Merkel. Es wäre an der Zeit, Tacheles zu reden. Für die Kanzlerin könnte dies eine weitere Gelegenheit sein, Profilpunkte zu sammeln. Gäbe es in der Politik so etwas wie Quartalsberichte, stände sie gut da. Innenpolitisch schlug die Mehrwertsteuer-Erhöhung nicht wie befürchtet negativ zu Buche, die Gesundheitsreform hat bei der Regierung noch keine tiefen Wunden hinterlassen, Steuerquellen sprudeln auch dank der Reform-Vorarbeit ihres Vorgängers, eine Opposition, die den Namen verdient, gibt es nicht. Außenpolitisch macht die Kanzlerin eine gute Figur, die EU-Präsidentschaft sorgt für Glanz. Dass mit Angela Merkel und Ursula von der Leyen zwei Unionsfrauen die Liste der beliebtesten Politiker anführen, rundet die Erfolgsbilanz ab. Ein schmaler Grat Also alles im Lot in der ruhigen Republik? Das Außensicht-Bild trügt. In einem Land, das Soldaten und Tornados in den Afghanistankrieg schickt, ist vordergründige Ruhe trügerisch. Die Entwicklungen um den unberechenbaren Iran berühren uns direkt. Der Kampf gegen islamistischen Terrorismus hat auch in Deutschland Folgewirkungen. Und gerade in diesen Tagen wird uns schmerzlich bewusst, wie schmal der Grat zwischen Sicherheit und Unsicherheit, zwischen Hoffen und Bangen ist. Das Schicksal der deutschen Geiseln im Irak geht uns nahe. Ostergebete sollten der entführten Mutter und ihrem Sohn gelten. Die Macht der Politik unseres Verständnisses endet dort, wo Gesetze der Menschlichkeit außer Kraft gesetzt sind.
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