Alle Storys
Folgen
Keine Story von Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung mehr verpassen.

Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung

NRZ: Blamage mit Ansage - ein Kommentar von JAN JESSEN

Essen (ots)

Im August kommenden Jahres wird es nicht genügend Ganztagsbetreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren geben; jedenfalls nicht so viele, dass dem Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz Genüge getan werden könnte. Eine Blamage mit Ansage: Bereits in den vergangenen Jahren hatte es sich abgezeichnet, dass der 2007 von der Großen Koalition beschlossene Kita-Ausbau unter den Zielvorgaben bleiben würde. Es war früh klar, dass Kommunen in Westdeutschland, wo die Betreuung von Kleinkindern keine Tradition wie in Ostdeutschland hat, mit den gewaltigen Investitionen überfordert sein würden.

Die Verfehlung der Ausbau-Ziele ist ärgerlich: Weil sie so lange absehbar war; weil jetzt auf die Städte und Gemeinden eine Klagewelle zurollt; weil es gerade die klammen Städte sind, die eine Sozialstruktur haben, die ein flächendeckendes Betreuungsangebot dringend notwendig macht; vor allem aber, weil die Ausbau-Ziele richtig erkannten gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung getragen haben. Die traditionellen Familienstrukturen - Vater ist Alleinverdiener, Mutter betreut die Kinder zu Hause - sind längst aufgebrochen, auch wenn manche Nostalgiker in konservativen Kreisen das nicht wahr haben wollen. Das ist nicht nur Ausdruck weiblicher Emanzipation, sondern allzu oft schlichte ökonomische Notwendigkeit: Ohne ein doppeltes Einkommen kommen viele Familien einfach nicht mehr über die Runden. Ganz zu schweigen von den zahlreichen alleinerziehenden Müttern.

Ein Mangel an Krippenplätzen in Kombination mit dem Betreuungsgeld wird dazu führen, dass speziell Kinder aus sozial abgehängten und bildungsfernen Schichten nicht in den Genuss frühkindlicher Bildung kommen werden. Er zementiert zudem die Chancenungleichheit zwischen den Geschlechtern. Sprich: Er ist ein gesellschaftspolitischer Skandal.

Der Kita-Ausbau muss deshalb von Bund, Ländern und Kommunen deutlich energischer angegangen werden als bisher - das gilt auch für NRW. Mit der Investition in Steine ist es aber noch lange nicht getan. In den kommenden Jahren werden Zehntausende Erzieherinnen und Erzieher fehlen. Wenn die Politik hier nicht Abhilfe schafft, indem sie den Beruf auch finanziell attraktiver gestaltet, scheitert das ganze Ausbau-Projekt. Die Kinder sollen schließlich nicht aufbewahrt, sondern betreut werden.

Pressekontakt:

Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
Redaktion

Telefon: 0201/8042616

Original-Content von: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
Weitere Storys: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
  • 06.11.2012 – 19:02

    NRZ: Not im Pflegeheim - ein Kommentar von WILFRIED GOEBELS

    Essen (ots) - Wenig Personal, überlastete Pfleger - da kann der medizinische Notfall im Pflegeheim vor allem nachts und am Wochenende schnell zum Problemfall werden. Nicht immer weiß die Pflegekraft, wie der Patient behandelt wurde, und der Hausarzt in Rufbereitschaft kann nicht minutenschnell überall sein. Es gibt nur einen Weg: Ärzte, Kliniken und Heime müssen enger kooperieren, um die medizinische Versorgung zu ...

  • 02.11.2012 – 19:11

    NRZ: Peer Steinbrück, ein Kandidat der höheren Preisklasse - ein Kommentar von MIGUEL SANCHES

    Essen (ots) - In Amerika stolpern Politiker über Sexstorys, in Deutschland über Geldfragen, in Frankreich vermutlich über beides nicht. Das ist eine alte Erfahrung, nicht mehr. Damit ist nicht gesagt, dass Peer Steinbrück schon gescheitert sei, bevor er als Kandidat richtig loslegen konnte. Gewählt wird in einem Jahr. Dann wird es nicht um 1,25 Millionen Euro an ...

  • 31.10.2012 – 19:41

    NRZ: Kampf ohne Leidenschaft - ein Kommentar von JAN JESSEN

    Essen (ots) - Am Sonntag vor genau einem Jahr erschossen sich im thüringischen Eisenach die beiden rechtsextremistischen Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos. 13 Jahre hatten die Männer gemeinsam mit ihrer Komplizin Beate Zschäpe im Untergrund gelebt. 13 Jahre konnten sie unentdeckt morden und rauben. Das war möglich, weil Sicherheitsbehörden auf ganzer Linie versagt haben. Behörden, die gegeneinander ...