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NRZ: Befremdliche Schlagseite - ein Kommentar von JAN JESSEN
Essen (ots)
Der berührende Auftritt der jungen Palästinenserin Reem hat die Diskussion um das Bleiberecht für Flüchtlinge belebt. Ein Mädchen, das so gut deutsch spricht, integrationswillig ist und dennoch vielleicht abgeschoben werden soll? Da werden selbst Unionspolitiker nachdenklich und fordern wie CDU-Vize Armin Laschet einen "Perspektivwechsel". Der ist überfällig, sicherlich. Andererseits bekommt die Debatte eine Schlagseite, die befremdlich ist. Wenn die Arbeitsagentur eine "Blue Card" für qualifizierte Flüchtlinge fordert, heißt das nichts anderes, als eine Unterscheidung zwischen "guten" und "schlechten" Flüchtlingen vorzunehmen. Gut sind diejenigen, die wertvolles Humankapital sind und der Wirtschaft dienlich sein können, schlecht diejenigen, die vorrangig Kostenfaktoren sind. Das ist eine kalte neoliberale Denkweise, die nahezu alles dem Diktat der Ökonomie unterordnet, Bildung, Ausgestaltung der Sozialsysteme und jetzt die Flüchtlingspolitik.
Ein "Perspektivwechsel" muss anders aussehen. Flüchtlinge sollten generell als eine Chance für das Land betrachtet und entsprechend willkommen geheißen werden, egal wie qualifiziert sie sind. Warum sollte ein Arzt oder ein Ingenieur so bedeutend mehr zum Allgemeinwohl beitragen können als ein Schlosser, ein Landwirt oder ein Künstler? Wenn eine Gesellschaft Menschen nicht ausgrenzt und ihnen das Leben schwer macht, sondern sie aufnimmt, unterstützt und fördert, ihnen Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten eröffnet, dann steigt die Integrationsbereitschaft automatisch.
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