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NRZ: Die USA brauchen Hillary Clinton - ein Kommentar von DIRK HAUTKAPP

Essen (ots)

Amerika, was ist los mit dir? Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes kann eine Frau Präsidentin werden: Hillary Clinton. Ein Ereignis von epochaler Dimension. Aber wo bleibt der Einheit stiftende Jubel, wo das in besonderen Momenten in den USA programmierte Bekenntnis zur selbstempfundenen Einzigartigkeit? Clinton bleibt der Vertrauensbonus versagt. Ausgerechnet ihr, die sich wie wenige seit einem Vierteljahrhundert weltweit für Gleichstellung und Frauenrechte eingesetzt hat, schlagen Misstrauen und Missgunst entgegen. Der unterkühlte Umgang mit der Personalie Clinton dokumentiert, wie weit die ideologische Zwietracht die Nation gespalten hat. Für viele Republikaner verkörpert die nach Lebensabschnitten als Anwältin, Präsidentengattin, Senatorin und Außenministerin am besten qualifizierte Kandidatin aller Zeiten nicht weniger als den größten anzunehmenden Unfall. In den Knast mit ihr, rufen Wutbürger. Aufgeputscht von Donald Trump. Damit war zu rechnen. Und auch damit: In der eigenen Parteifamilie hält sich die Begeisterung in Grenzen. Viele Demokraten halten Clinton vor, keine politisch unbefleckte Heilige zu sein. Und erst recht keine linkslehrbuchhafte weibliche Version des Senioren-Robin-Hood Bernie Sanders. Aber auch das wusste man vorher. Hillary Clinton ist die mit allen (auch den trüben) Wassern gewaschene, handlungsstarke, im Machtklüngel versierte, dem Großkapital herzlich verbundene Mechanikerin der Macht. Ihr geht das Charisma, die Lockerheit und die Herzenswärme ab, die man in Vorgänger-Idole wie Ronald Reagan oder Barack Obama ohne langes Zögern zu projizieren bereit war. Aber diese Defizite sind zu verschmerzen, wenn es Clinton gelingt, neues Vertrauen zu wecken. Amerika kann nach innen wie außen eine erfahrene, ausbalancierte Pragmatikerin sehr gut gebrauchen. Eine Person, die mit eigener Handschrift fortentwickelt, was der erste schwarze Präsident Amerikas in acht Jahren gegen erbitterten Widerstand des Halt und Haltung verlierenden Konservativismus an Fundamenten gelegt hat. Viel steht auf dem Spiel - vor allem in der Sozial- und Gesellschaftspolitik. Ein nicht unbeträchtlicher Teil Amerikas ist gerade bereit, sich in Denkzettel-Laune einem psychisch instabilen Nonsens-Politiker an den Hals zu werfen, der den inneren Frieden in Amerika aufkündigen und den Globus weiter destabilisieren würde. Hillary Clinton muss den Beweis antreten, dass ihr Weg der bessere ist, um Amerika im 21. Jahrhundert mit sich und der Welt zu versöhnen. Kann sie liefern? Kann man ihr trauen? Der Polit-Zauber von Philadelphia zeigt, wie steinig der Weg ist.

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