"Energiewende vor Ort"
Antrittsvorlesung an der Hochschule Fresenius
Idstein (ots)
Im Rahmen des Jubiläums des Fachbereichs Wirtschaft & Medien hielt Prof. Dr. Jens Strüker am 11. Oktober seine Antrittsvorlesung an der Hochschule Fresenius. Gemeinsam mit der Süwag AG hat die Hochschule eine Professur für Energiemanagement eingerichtet und startet ab Frühjahr 2014 den Master-Studiengang Energiemanagement (M.Sc.). Im Mittelpunkt der Antrittsvorlesung "Energiewende vor Ort: Subsidiarität als neues Leitprinzip" stand der Strukturwandel in der Stromwirtschaft und die Frage, wie dieser durch lokale und regionale Lösungen gestaltet werden kann.
Die Energiewende steht nicht bevor, sie ist bereits im vollen Gange. Die zentrale Versorgung durch Großkraftwerke befindet sich seit 15 Jahren auf dem Rückzug. An deren Stelle tritt mehr und mehr die dezentrale Versorgung über Blockheizkraftwerke, Windkraftanlagen, Wärmepumpen und Photovoltaik-Anlagen. Die erneuerbaren Energien haben bereits heute einen Anteil von 23 Prozent an der Stromerzeugung, bis 2050 soll dieser Anteil auf mindestens 80 Prozent ansteigen. Diese Veränderungen stellen das bisherige Stromsystem auf den Kopf und hinterfragen etablierte Geschäftsmodelle der Stromwirtschaft in den drei Sparten Erzeugung, Netze und Vertrieb immer mehr.
Was, wenn der Wind nicht weht?
Um einerseits die Versorgungssicherheit weiterhin zu gewährleisten und andererseits neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, schlägt Strüker "Subsidiarität" als energiepolitisches Leitprinzip vor: Probleme sollen vorrangig dort gelöst werden, wo sie entstehen. Anstatt also bei einer plötzlichen Windflaute im Süden Deutschlands Wind- und Sonnenstrom vorrangig über teure, neu zu bauende Übertragungsleitungen aus dem Norden zu transportieren oder CO2-emittierende Backup-Kraftwerke zum Ausregeln einzusetzen, solle zunächst lokal beziehungsweise regional reagiert werden. Strüker führt als Beispiel die Stadtwerke München an, die gemeinsam mit dem Unternehmen entelios (Lösungsanbieter für das Management von dezentralen Verbrauchern, Speichern und Erzeugern elektrischer Energie) und der Brauerei Paulaner ein sogenanntes Verbrauchsmanagement umgesetzt haben. Weht der Wind, produziert Paulaner untergäriges Bier, das gekühlt werden muss. Weht der Wind nicht, produziert die Brauerei obergäriges Bier, das nicht gekühlt werden muss und so keinen Strom benötigt. Strom, der nicht verbraucht werde, müsse auch nicht erzeugt und transportiert werden.
Der subsidiäre Ansatz ist ein Gegenentwurf zur bislang geplanten Architektur der Energiewende, wonach auch Strom aus erneuerbaren Energien vorrangig über große Strecken transportiert und verteilt werden soll. Notwendige Voraussetzung für die Realisierung lokaler und regionaler Lösungen ist aber eine bessere Kenntnis über den Verbrauch und die dezentralen Erzeugungsleistungen. Hierfür würden entsprechende Energieinformationsnetze benötigt, die eine automatisierte Datenerhebung und Interaktion ermöglichen. Elektronische Stromzähler als Ersatz für die heutigen mechanischen Zähler seien ein wichtiger Baustein. In den USA beispielsweise wurden in den letzten Jahren bereits 46 Millionen dieser Zähler installiert und sie liefern heute bereits eine Milliarde Datenpunkte jeden Tag über den Verbrauch der Kunden. Zum Vergleich: In Deutschland wird heute nur ein Datenpunkt über den Gesamtverbrauch eines Privatkunden im Jahr erhoben. Um die enormen Datenmengen aber für die Stabilisierung eines Stromnetzes mit immer mehr erneuerbaren Energien und für neue, innovative Geschäftsmodelle zu nutzen, müssen die Stadtwerke und die regionalen Energieversorger in Deutschland das bislang vorherrschende "Silo-Denken" in den Sparten Erzeugung, Netze und Vertrieb überwinden, fordert Strüker: "Wir benötigen hier einen ganzheitlichen, spartenübergreifenden Ansatz." Die Hochschule Fresenius hat gemeinsam mit der Süwag die neuen Anforderungsprofile an zukünftige Mitarbeiter in Versorgungsunternehmen definiert und in den Master-Studiengang Energiemanagement eingebracht. Die künftigen Energiemanager sollen die im Rahmen der Energiewende notwendigen und spannenden unternehmerischen Anpassungen identifizieren und umsetzen.
Über die Hochschule Fresenius
Die Hochschule Fresenius gehört mit rund 8.000 Studierenden und Berufsfachschülern zu den größten und renommiertesten privaten Hochschulen in Deutschland.
1848 als "Chemisches Laboratorium Fresenius" gegründet und seit 1971 als staatlich anerkannte Fachhochschule in privater Trägerschaft zugelassen, unterhält die Hochschule Fresenius heute Standorte in Idstein, Köln, Hamburg, München, Frankfurt und Berlin sowie Studienzentren in Düsseldorf und Zwickau. 2010 erfolgte die institutionelle Akkreditierung durch den Wissenschaftsrat. In den Fachbereichen Chemie & Biologie, Gesundheit & Soziales, Wirtschaft & Medien sowie Design können hier Ausbildungs-, Studien- und Weiterbildungsangebote wahrgenommen werden. Neben Bachelor- und Masterprogrammen in Vollzeit bieten die vier Fachbereiche mit ihren sieben Schools auch berufsbegleitende und ausbildungsbegleitende (duale) Studiengänge an. Die Hochschule Fresenius setzt auf eine enge Einheit von Forschung, Lehre und Praxis und forscht in den Fachbereichen Chemie & Biologie (Institute for Analytical Research), Gesundheit & Soziales (Bewegungslabor), Wirtschaft & Medien (Institut für Gesundheitswirtschaft, Medienmanagement Institut, Institut für Energiewirtschaft) sowie Design.
Weitere Infos unter: www.hochschule-fresenius.de
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