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Aachener Nachrichten: Nur mit Zuwanderung Der Fachkräftemangel erfordert schnelles Handeln

Aachen (ots)

Mit dem Fachkräftemangel ist es wie mit dem Klimawandel: Zu beidem gibt es seit Jahren in unregelmäßigen Abständen Studien mit besorgniserregenden Ergebnissen. Dass sie, wenn überhaupt, nur noch mit Nuancen überraschen dürften, macht sie nicht weniger beunruhigend. Und nicht weniger wichtig. Die Lage sei dramatisch, heißt es dann. Oft auch: dramatischer als bislang bekannt oder angenommen. Wenn man jetzt nicht gegensteuere, sei es zu spät. Als eine "Mahnung zum Handeln" bezeichnet Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) dann auch ihren Fortschrittsbericht, der gestern vom Bundeskabinett verabschiedet wurde. Eine zeitgleich veröffentlichte Prognos-Studie untermauert die Aussagen aus dem Ministerium. Dennoch: Wieder einmal könnten dringend notwendige Konsequenzen an entscheidender Stelle ausbleiben. Denn dass sich Verbände und Kammern engagieren, reicht leider nicht. Von höchster Stelle muss tatkräftig gegengesteuert werden. Deutschland kommt angesichts des demografischen Wandels gar nicht darum herum, in großem Umfang auf qualifikationsorientierte Zuwanderung zu setzen. Das heißt: Auf die Agenda der nächsten Bundesregierung gehört auch ein Zuwanderungsgesetz, das seinen Namen verdient. Es sollte es Fach- und Spitzenkräften auch aus Staaten außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums, sogenannten Drittstaaten, leicht machen, nach Deutschland zu kommen. Als das jetzige Zuwanderungsgesetz Anfang 2005 in Kraft trat, hatte es nicht den angekündigten Effekt, es kamen deutlich weniger qualifizierte Zuwanderer als erhofft. Das Gesetz, das 2007 noch einmal in einigen Punkten nachgebessert aber nicht grundlegend reformiert wurde, unterscheidet zwischen der befristeten Aufenthaltserlaubnis und der unbefristeten Niederlassungserlaubnis. Will Deutschland Fachkräfte aus Drittstaaten dauerhaft gewinnen, müssen die Hürden für die Niederlassungserlaubnis deutlich gesenkt werden. Wer unbefristet bleiben will, muss derzeit unter anderem zuvor schon mindestens fünf Jahre lang eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland besessen haben. Warum sollten sich Manager, Forscher, Ingenieure, Ärzte, Pfleger und medizinische Assistenten aus aller Welt darauf einlassen, wenn sie etwa in Kanada wesentlich unkomplizierter willkommen geheißen werden? Kanada ist auch das Vorbild, an dem sich unter anderem Arbeitsministerin Nahles orientiert. Seit Oktober 2016 betreibt das Bundesarbeitsministerium in Baden-Württemberg zusammen mit der Bundesagentur für Arbeit das "punktebasierte Modellprojekt für ausländische Fachkräfte". Anders als bisher steht der Arbeitsmarkt damit nicht nur Fachkräften aus Drittstaaten offen, deren berufliche Qualifikation auf der sogenannten Positivliste steht, die vermerkt, wo Engpässe herrschen. Wer sich bewirbt, muss gewisse Kriterien zur Integrationsfähigkeit erfüllen. Diese werden mit Punkten bewertet, wobei insgesamt 100 Punkte erreicht werden müssen. Ganz oben stehen Sprachkenntnisse - wer Deutsch auf fortgeschrittenem Niveau beherrscht, erhält sofort 100 Punkte und damit den Direktzugang zum Arbeitsmarkt. Punkte erhält beispielsweise auch, wer nachweisen kann, dass er bereits Kenntnisse über kulturelle Rahmenbedingungen erworben hat. Vorschläge zu solch einem Punktesystem gibt es übrigens schon lange, ihre Umsetzung ist allerdings bislang vor allem am Widerstand der Union gescheitert.

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