Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zum Panzergeschäft
Regensburg (ots)
Der Bundestag hat am Freitag versucht, wie es sich in einer Demokratie gehört, Licht in die dunklen Waffengeschäfte der Regierung mit Saudi-Arabien zu bringen. Mit ihrem berechtigten Anliegen ist die Opposition jedoch gescheitert. Die Bundesregierung verharrt weiterhin hinter einem Panzer des Schweigens. Und die Kanzlerin sagt allenfalls, dass es gute Gründe für diese Geheimhaltung gebe. So wie im Interview mit dieser Zeitung. Befriedigend ist das jedoch keineswegs. Schlimmer noch. Die Geheimniskrämerei und der - nach wie vor nicht bestätigte - Deal mit dem saudischen Regime selbst schaden dem außenpolitischen Ruf Deutschlands. Auch die gestrigen Erklärungsversuche von Schwarz-Gelb gingen meist am wirklichen Problem vorbei. Union und Liberale folgen dem Motto eines Diebes, der beim Stehlen erwischt wird und flott in die Menge ruft: Haltet den Dieb! Dass die Bundesregierung in dieser Affäre so schlecht aussieht, hat auch mit den von ihr postulierten außen- und sicherheitspolitischen Grundsätzen zu tun. Eine an den Menschenrechten orientierte Außenpolitik hatten Merkel und Westerwelle versprochen. Doch dazu passen keine Waffengeschäfte, mit denen ein durch und durch diktatorisches und in weiten Teilen mittelalterliches Regime mit modernstem Kriegsgerät aufgerüstet wird. Der Leopard-Panzer wird von den deutschen Herstellern noch dazu mit allerhand Möglichkeiten ausgerüstet, um gegen Demonstranten und Barrikaden vorzugehen. Als in den 90er-Jahren ehemalige Panzerfahrzeuge aus Altbeständen der DDR von türkischen Militärs gegen Kurden eingesetzt wurden, war die Empörung groß. Etwas Ähnliches könnte jetzt drohen, wenn ausgerechnet High-Tech-Panzer made in Germany gegen Demokratiebwegungen im arabischen Raum eingesetzt würden. Im Nachbarland Bahrain war saudisches Militär bereits im Einsatz. Die Beteuerungen Berlin, man unterstütze die friedlichen Protestler, würden zum bloßen Lippenbekenntnis verkommen. Dass vor Schwarz-Gelb unter Angela Merkel auch andere Bundesregierungen, etwa auch die von Gerhard Schröder und Joschka Fischer, wenig zimperlich mit Waffenexporten umgingen, macht die jetzige Sache um keinen Deut weniger anrüchig. Die arabische Halbinsel ist ein Pulverfass. Insofern verstießen Waffenlieferungen dorthin auch gegen die eigenen Rüstungsexport-Richtlinien. Und besorgten Stimmen, die sich um die Milliardengeschäfte der deutschen Rüstungsschmieden sorgen, muss klargemacht werden, Arbeitsmarkteffekte dürfen bei derart brisanten Export-Entscheidungen keine Rolle spielen. Denn nach gleicher Lesart könnte man spaltbares Material an Schurkenstaaten verkaufen, weil dies Arbeitsplätze in der Atomwirtschaft sichern würde. Es hilft nichts, auch Rüstungsexporte müssen sich an den Grundwerten deutscher Außenpolitik messen lassen. Wiegen die Gründe für Waffenlieferungen nicht schwer genug, müssen sie unterlassen werden. Im vorliegenden Fall lässt die Bundesregierung zumindest durchblicken, dass der Deal mit Israel und den USA abgestimmt worden sei. Alles andere als ein enger Schulterschluss mit diesen wichtigen Verbündeten wäre auch ein starkes Stück. Allerdings ist grünes Licht aus Washington und Tel Aviv noch keine hinreichende Begründung für ein solches Großgeschäft. Vielleicht hat man sich in Berlin beim Abnicken des Panzer-Deals an dem Motto der US-Amerikaner orientiert: Ein Teufel, den man kennt, ist uns lieber, als einer, den man nicht kennt.
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