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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu Russland/Putin

Regensburg (ots)

Der Kalte Krieg ist längst vorbei, die Sowjetunion zerfallen, die Machtposition des heutigen Riesenreichs bestenfalls noch postimperial. Doch Wladimir Putin, einst russischer Präsident und heutiger Premier, fährt trotzdem immer wieder die ganz schweren Geschütze auf. Zuletzt gegen den ehemaligen Klassenfeind: Die USA verhielten sich in der internationalen Finanzwelt "wie ein Parasit". Das Land lebe auf Pump und mache der Welt mit seinem "Dollarmonopol" Probleme, giftete Putin kürzlich Richtung Obama kurz nach dem verhinderten US-Staatsbankrott. Der Sowjet-Nostalgiker Putin schießt - zumindest verbal - wieder scharf. Denn Russland steht vor zwei richtungsweisenden Wahlen. Vier Monate vor den Parlamentswahlen und acht Monate, bevor die Russen ihren neuen Präsidenten bestimmen, bringt sich Putin in Stellung. Auch, wenn es niemand offen ausspricht: Mit seinem imperialen Gehabe will sich der russische Premier 2012 wieder ins Präsidentenamt zurückkatapultieren. Den Untergang der Sowjetunion nannte er einst die "größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts", heute will er Russland zu alter Stärke zurückführen. Ein neues Russland soll es sein, am besten mit Weißrussland und Südossetien, um das Russland und Georgien vor drei Jahren einen fünf Tage langen Krieg geführt haben. Würde darüber hinaus der Rubel als weltweite Reservewährung installiert - Putins Russland mit ihm als "nationalem Führer" wäre perfekt. Beim Volk kommen die Parolen des früheren KGB-Offiziers offenbar gut an - und das nicht nur bei der Kaderreserve, den kremltreuen Jugendlichen. Umfragen zeigen: Putin ist nach wie vor beliebtester Politiker Russlands und mit 46 Prozent Zustimmung liegt er in einer Umfrage vom Juli deutlich vor dem amtierenden Präsidenten Dmitri Medwedew mit 36 Prozent. Die Mehrheit der russischen Bevölkerung wünscht sich überdies seine Rückkehr in den Kreml 2012. Völlig widerstandslos wird für Putin der Weg dorthin allerdings nicht sein. Denn aus der einstigen Putin-Marionette Medwedew wird zunehmend der Konkurrent. Der russische Präsident wird nicht nur von außen, etwa Deutschland oder den USA, anders wahrgenommen als zu Beginn seiner Amtszeit, als der Ziehsohn Putins als "lahme Ente" verspottet wurde. Medwedew hat seine Rolle offenbar neu definiert und wagte vor wenigen Monaten sogar den Befreiungsschlag. Öffentlich und in aller Schärfe wies er den Premier in die Schranken, nachdem dieser die UN-Resolution zum Einsatz in Libyen als "mittelalterlichen Kreuzzug" bezeichnet hatte. Selbst im Kreml werden inzwischen Stimmen laut, die Medwedew öffentlich zur Kampfansage gegen Putin auffordern und vor einer "nationalen Katastrophe" warnen, sollte dieser auf eine zweite Kandidatur verzichten. Der heutige Kreml-Chef könne mit seinem Modernisierungskurs Russland aus der Stagnation in eine moderne Zukunft führen. Putin als Präsident hingegen könnte die Entfernung Russlands vom Westen bedeuten. Das aber würde auch Deutschland zum Nachteil gereichen. Berlin unterhält mit Moskau enge Wirtschaftsbeziehungen, die bei den deutsch-russischen Regierungskonsultationen noch verstärkt wurden. Nach der Energiewende wird Deutschland verstärkt auf russisches Gas angewiesen sein. Es ist also klar, warum Bundeskanzlerin Merkel Mitte Juli ihren Duz-Freund Dmitri süffisant als "Kandidaten" bezeichnete. Nur mit dem Modernisierer Medwedew an der Spitze, nicht aber mit einem machoiden Sowjet-Imperialisten ist Russland der Partner, den Deutschland und der Westen braucht. Und das nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht.

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