Mittelbayerische Zeitung: Kommentar: "Verfallsdatum" erreicht
Regensburg (ots)
An den 6,7 Millionen Tonnen Lebensmitteln, die wir Jahr um Jahr in den Müll schmeißen, ist jeder von uns (statistisch) mit 82 Kilo beteiligt. Das ist unerhört. Da fasse sich jeder an seine eigene Nase - die übrigens sehr gut geeignet ist, um zu beurteilen, ob ein Joghurt mit dem Aufdruck "15 MAR 2012" mit spitzen Fingern entsorgt werden muss. Früher, als es in der Landwirtschaft unendlich viel mehr Handarbeit gab, war das Brot noch heilig und wurde mit dem echten Bäckerschweiß gebacken. Im Tante-Emma-Laden rückte die Frischware immer erst nach hinten und wurde zuletzt verkauft. Okay, die Hungerjahre sind lange vorbei, gottlob. Aber die Verachtung, die wir unserer industriell erzeugten Nahrung entgegenbringen, ist auch verrückt. Wenn immer alles unbegrenzt zur Verfügung steht, muss es ja an Wert sinken. Dicke Kinder müssen heute in speziellen Kursen trainieren, "Nein" zu sagen und das Naschwerk gezielt in eine Mülltonne werfen. Das heißt ja nicht, dass wir ab sofort schimmeliges Brot, ranzige Butter und angesäuerte Wurst essen sollen. Aber diese ungeheure Verschwendung, Lebensmittel, die noch tadellos sind, aus formalen Gründen nicht mehr zu essen, hat etwas Unanständiges. Autor: Thomas Dietz
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