Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zu 100 Tage Bundespräsident Gauck von Christian Kucznierz
Regensburg (ots)
Warum mögen die Deutschen Joachim Gauck? Einen ehemaligen Pastor, dessen Thema "Freiheit" für viele so abstrakt ist, weil sie das Gegenteil - anders als Gauck - nicht oder nicht mehr erlebt haben, der gerne emotional wird, spontan Dinge sagt, die die meisten sich im politischen Alltag eher verkneifen würden: Warum also gilt dieser Bundespräsident als vertrauenswürdig? Gauck selbst gibt zu, dass er Fehler macht - und fährt die menschliche Argumentationsschiene, mit der sein Vorgänger Christian Wulff sein Verhalten zu rechtfertigen suchte. Warum glaubten die Bürger ihm nicht, Gauck aber schon? Die Antwort: Weil Gauck authentisch wirkt. Das hat vor allem damit zu tun, dass Gauck eben nicht aus der Politik kommt und damit als unbelastet gilt und das sicher auch ist. Und es liegt daran, dass Gauck ein Intellektueller ist, dessen Aussagen bei aller Spontaneität und Emotionalität immer auch rational begründbar sind. Gauck ist sich seiner Rolle bewusst und er versucht, sie auszufüllen, auf seine eigene, sicher gewöhnungsbedürftige Art, aber mit einem hohen Maß an Ehrlichkeit - also mit der Eigenschaft, die viele in der Politik vermissen.
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