Mittelbayerische Zeitung: Da passt etwas nicht
Regensburg (ots)
Von Claudia Bockoldt
Nichts passt mehr bei vielen Deutschen, nicht die Kleider vom letzten Jahr, nicht die Autositze, nicht das Verhältnis zwischen gefutterten Kalorien und körperlicher Betätigung. Noch etwas passt nicht: Die Tatsache, dass eine in die Breite gehende Gesellschaft sich von einem Schlankheitsideal beherrschen lässt, das ausgewachsene Frauen in Kindergrößen zwängt und längst auch Männer in die Fettabsaugung treibt. Schlank gleich schön gleich erfolgreich - diese Formel ist noch leichter zu durchschauen als der Body-Mass-Index. Mögen Tausende Christine Neubauers ihre "Vollweib"-Qualitäten preisen und "Moppel-Ichs" in Talkshows die Rechnung "dicker gleich netter" aufmachen: Jenseits eines BMI von 30 quälen sich doch nur "Biggest Looser" durchs Leben. Gut, dass die Dicken in Berlin eine buchstäblich starke Lobby haben. Sonst würde in jedem Jahr, in dem uns das Statistische Bundesamt mitteilt, dass Deutschland Europas fröhlich futternder Maststall ist, ein gesundheitspolitisches Fass aufgemacht. Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes und kaputte Gelenke kosten die Kassen schließlich einige Milliarden jährlich. Die Regierung setzt vielmehr auf "In Form - Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung". Der Erfolg ist äußerst mager. Dass Cola, Chips und Extremcouching dick machen, haben ja auch alle verstanden. An mangelnder Aufklärung liegt es nicht. Es ist vielmehr ein sehr großer, sehr dicker innerer Schweinhund, der die Tür zum Fitnessstudio und vom Gemüsefach verbarrikadiert. So ist der Mensch. Zum Ärger vieler lässt er sich nicht in eine Deutsche Industrienorm pressen. Da hilft nichts: Sitze und Särge müssen breiter werden. Was Übergewichtigen vielleicht hilft, sind erreichbare Ziele. Victoria Beckham als Role Model? Das könnte ihr so passen.
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