Mittelbayerische Zeitung: Verhandlungsmacht
Regensburg (ots)
Von Hanna Vauchelle
In den Beziehungen zwischen der EU und den USA ist in den letzten Tagen viel zu Bruch gegangen. Dass sich die Scherben trotzdem schnell wieder kitten lassen, ist nicht unwahrscheinlich. Schließlich haben beide Seiten ein großes Interesse an einem guten Verhältnis. Dennoch müssen die Ereignisse und Vorwürfe nun sauber aufgearbeitet werden. Das gestern beschlossene Parlamentsgremium ist dafür eine gute Anlaufstelle. Allerdings bleibt zu befürchten, dass die Abgeordneten nicht alle nötigen Informationen bekommen werden. Das Zugeständnis Barack Obamas kam in allerletzter Minute. Gerade noch rechtzeitig vor den ersten Gesprächen über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA kündigte der Präsident Aufklärung an. Eine Expertengruppe wird sich parallel zu den Handelsgesprächen um Aufklärung in dem Ausspäh-Skandal bemühen. Deshalb ist es auch richtig, dass das Europaparlament nicht auf einer Verschiebung der Verhandlungen beharrt hat. Damit wären nur weitere Türen zugestoßen worden. Eine Eskalation der Situation oder gar Eiszeit in den Beziehungen kann niemand wollen. Zumal die Handelsgespräche nicht nur eine wirtschaftliche Chance darstellen, sondern den Europäern auch Verhandlungsmacht über Themen wie Datenschutz einräumen. Diese Möglichkeiten müssen nun genutzt werden. Gerade im Lichte der Schnüffelaffäre kann Europa eigentlich ganz locker den Amerikanern gegenübertreten. Schließlich hat man sich selbst nichts zuschulden kommen lassen. Diese Gewissheit und die Defensivhaltung der USA müssten ausreichen, um einen guten Deal herauszuschlagen. Europa müsste öfter amerikanisch denken.
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