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Mittelbayerische Zeitung: Teure Kurzsichtigkeit - Die Stromriesen sind selbst schuld an ihrer Misere. Doch wir alle könnten die Quittung dafür bekommen. Von Sebastian Heinrich

Regensburg (ots)

Die Misere der Energiekonzerne wird hierzulande immer größer: RWE und Eon präsentieren dramatisch schlechte Zahlen, Vattenfall und EnBW suchen die Flucht aus dem deutschen Strommarkt. Unmittelbar betrifft das die Aktionäre der Stromkolosse - vor allem aber die Mitarbeiter, die sich vor den nächsten Entlassungswellen fürchten müssen. Am Ende trifft uns das Problem aber alle. Denn die Quittung für den Absturz könnte der Steuerzahler bekommen. Dabei sind die Probleme der Stromkonzerne das Ergebnis ihrer eigenen Kurzsichtigkeit - auch wenn viele das dort nicht wahrhaben wollen. Die dicken Profite der Vergangenheit waren auf Sand gebaut. Die realen Folgekosten der Atomkraftwerke - die großen Gewinnbringer von einst - waren nie auch nur ansatzweise in den Jahresabschlüssen und Bilanzen der Konzerne abgebildet: die Kosten für die Atommüll-Lagerung, die immensen Risiken nuklearer Störfälle. Den Boom der erneuerbaren Energien, der Deutschland nach dem ersten Erneuerbare-Energien-Gesetz im Jahr 2000 erfasst hat, haben RWE, Eon und Co. verschlafen. Ihre Strategie war darauf ausgelegt, kurzfristig so hohe Profite wie möglich einzufahren und die Aktionäre glücklich zu machen - und kaum darauf, ihr Geschäftsmodell zukunftsfest zu machen. Diese Entwicklung an sich wäre schon negativ genug. Noch schlimmer macht sie aber die Tatsache, dass in den Chefetagen kaum Einsicht einzukehren scheint. Im Gegenteil: Für die Talfahrt der Stromriesen, so die beständig hinausposaunte Botschaft, ist allein die Politik verantwortlich, die mit ihrer blitzartigen Abschaltung diverser Atommeiler nach dem Fukushima-GAU 2011 die Zukunft der Konzerne zerstörte. Daraus folgern sie: Der Staat hat uns ruiniert, jetzt muss er auch dafür bezahlen. Dass diese Logik für uns alle richtig teuer werden könnte, hat mit der Schlamperei der Politik zu tun. Mit mehreren Klagen versuchen die Stromkonzerne jetzt, sich Milliardensummen, die ihnen entgangen sind, vom Steuerzahler zurückzuholen - allein bei der Klage von Vattenfall und Eon wegen der Abschaltung der AKW Krümmel und Brunsbüttel geht es um knapp 4,7 Milliarden Euro. Dass diese Klagen überhaupt möglich sind, liegt an der Stümperhaftigkeit, mit der die Politik teilweise bei ihren Panik-Abschaltungen 2011 vorgegangen ist. Ein krasses Beispiel ist das hessische AKW Biblis. Das hatte man ohne saubere rechtliche Grundlage vom Netz genommen, obwohl in den zuständigen Stellen klar war, dass die Energiekonzerne dagegen würden klagen können. Das war mindestens grob fahrlässig. Mit dem Fall beschäftigt sich inzwischen ein Untersuchungsausschuss. Wenn die Klagen der Stromerzeuger erfolgreich sind, haben wir es den Verantwortlichen zu verdanken, dass wir für den hausgemachten Niedergang der Stromkonzerne mit unserem Steuergeld bezahlen müssen. Jetzt gibt es nur zwei richtige Konsequenzen: Zum einen muss die Politik die fatalen Fehler schonungslos aufklären, die gemacht wurden, als man im Frühjahr 2011 die Verlängerung der AKW-Laufzeiten kassierte. Der Untersuchungsausschuss im hessischen Landtag zur Biblis-Affäre kann nur der Anfang sein. Zum anderen gilt es jetzt, die Energiewende konsequent umzusetzen. Populistische Störmanöver aus Bayern - wie die Forderung von Ministerpräsident Seehofer nach Gaskraftwerken statt Hochspannungstrassen - sind absolut fehl am Platz. Die Bundesregierung und die Länder müssen an einem Strang ziehen, damit die Wende hin zur nachhaltigen Energieversorgung klappt - und die Bürger Versorgungssicherheit, die Unternehmen Planungssicherheit haben.

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