Mittelbayerische Zeitung: Kommentar von Jochen Wittmann zu Assange
Regensburg (ots)
Es sind verhärtete Fronten. Auf der einen Seite ein Mann, der sich als Märtyrer begreift und nicht einlenken will. Auf der anderen Seite die Strafverfolgungsbehörden von Schweden und Großbritannien, die auf Recht und Gesetz pochen. Und jetzt kommt noch ein UN-Gremium hinzu, das entschieden hat, dass der WikiLeaks-Gründer Julian Assange zu Unrecht inhaftiert wurde. Aber das, wohlgemerkt, aus verfahrenstechnischen Gründen so entschieden hat: Die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierung empfahl nicht, dass Assange sich den Untersuchungen der schwedischen Justiz, die einen Vergewaltigungsvorwurf prüfen wollen, entziehen sollte. Mehr als fünf Jahre seiner Freiheit beraubt zu sein, ohne dass eine Anklage vorliegt: Das schreit tatsächlich zum Himmel. Auch wenn Assange selbst für einen Gutteil der Verzögerungen verantwortlich sein mag, so wiegt doch schwerer, dass Schweden sich durchweg geweigert hat, den Fall zu beschleunigen. Assange hat angeboten, sich den Fragen der schwedischen Staatsanwaltschaft zu stellen. Aber er will dies innerhalb der ecuadorianischen Botschaft tun. Schweden hat dies jahrelang abgelehnt. In den vergangenen Wochen gab es Bewegung in der Sache, aber immer noch sind keine Staatsanwälte in London aufgetaucht, obwohl es für eine extraterritoriale Befragung Präzedenzfälle gibt. Man kann nur hoffen, dass die Frage, ob der Australier wegen Vergewaltigung angeklagt werden soll oder nicht, möglichst bald geklärt wird. Andernfalls muss man sich darauf einstellen, dass die Farce in der Botschaft weitergeht. Julian Assange wird dort weiter verharren, bis ein möglicher Vergewaltigungsvorwurf im Jahre 2020 verjährt.
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