Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zur Gewalt in den USA
Regensburg (ots)
Tödliche Handlungsunfähigkeit
von Thomas Spang
Nach den Rassenunruhen von Ferguson bestand die Hoffnung auf eine grundlegende Reform der Polizei in den USA. Eine Arbeitsgruppe des Weißen Hauses gab Empfehlungen, wie Beamte in potenziell gewalttätigen Situationen de-eskalieren können. Die stark regionalisierten Polizeibehörden der USA versprachen, ihre "Cops" entsprechend zu trainieren. Das FBI gelobte, alle Fälle von Polizeigewalt in einem zentralen Register zu erfassen. Geschehen ist seither wenig. Tatsächlich stieg die Zahl der Fälle sogar, bei denen die Polizei tödlichen Gebrauch von ihrer Schusswaffe machte. Das Vorgehen der Beamten im Fall Alton Sterlings in Baton Rouge und Philando Castiles in Minnesota zeigt, wie wenig bisher in der Praxis angekommen ist. Weiterhin müssen vor allem Schwarze und Angehörige von Minderheiten in den USA mit der Sorge leben, bei der kleinsten falschen Bewegung erschossen zu werden. Sie haben jeden Anlass, Verkehrs- oder Personenkontrollen zu fürchten. In Amerika ist es zweieinhalb mal wahrscheinlicher als Schwarzer von der Polizei erschossen zu werden denn als Weißer. Welche Motive auch immer den Heckenschützen von Dallas antrieben, erwies er der "Black Lives Matter"-Bewegung einen Bärendienst. Statt die notwendige Diskussion über Polizeigewalt in den USA zu führen, geht es nun um die Opfer in Uniform. Der gemeinsame Nenner der Vorfälle der vergangenen Tage ist der leichte Zugang zu Waffen. Da ein Polizist nie sicher sein kann, ob eine Person bewaffnet ist oder nicht, sitzt der Colt generell lockerer als in Ländern, die striktere Gesetze haben. Abermals zeigt sich, wie bedenklich der leichte Erwerb einer kriegstauglichen Waffe und großer Mengen Munition ist. Andernfalls hätte der Mörder von Dallas seine Bluttat so nicht verüben können. Leider wird sich an diesem Punkt nicht viel ändern. Ein Kongress, dessen republikanische Mehrheit nicht einmal Personen auf der Terror-Beobachtungsliste am Waffenkauf hindern will, wird sich auch durch diesen Fall nicht bewegen lassen. Die Handlungsunfähigkeit der amerikanischen Politik erweist sich leider einmal mehr als tödlich.
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