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Mittelbayerische Zeitung: Die Schuld der anderen
MH17 wurde von prorussischen Separatisten abgeschossen. Den Kreml wird diese Erkenntnis kalt lassen.

Regensburg (ots)

Schuldspruch auch ohne Urteil: Prorussische Separatisten haben im Juli 2014 über der Ostukraine eine malaysische Boeing mit 298 Menschen an Bord abgeschossen, die alle starben, darunter 80 Kinder. Das internationale Team aus erfahrenen Staatsanwälten und Luftfahrtexperten in den Niederlanden, das den Abschuss untersucht, hat sich in seinem Zwischenbericht auf diese Version des Tathergangs und eine Benennung der Täter festgelegt. Die Erkenntnisse, die die Ermittler preisgegeben haben, wie auch die Belege und Indizien, die nicht-staatliche Recherchenetzwerke zu Tage gefördert haben, lassen keinen ernsthaften Zweifel daran zu, dass eine Buk-Rakete aus den Beständen des russischen Militärs Flug MH 17 vom Himmel geholt hat. Die Separatisten schossen in dem Irrglauben, eine Antonow der ukrainischen Luftwaffe anvisiert zu haben. Bekannt und amtlich bestätigt ist zudem seit Langem, dass die ukrainischen Behörden ihrerseits versagt haben und folglich eine Mitschuld tragen, weil sie den Luftraum über dem Kriegsgebiet nicht frühzeitig gesperrt haben. Alles klar also? Ja und nein. Sollte sich die höchstwahrscheinliche Version im Abschlussbericht der Ermittler bestätigen, werden sich daraus mit ebenso hoher Wahrscheinlichkeit dennoch keine strafrechtlichen Konsequenzen ergeben. Die Führung in Moskau weist unter Aufbietung aller geheimdienstlichen und propagandistischen Mittel jede Schuld von sich, und der Kreml wird das Verwirrspiel seiner Verschwörungstheorien auch gnadenlos weiterbetreiben, ganz gleich, wie sich die Faktenlage darstellt. Das Prinzip hinter diesem Vorgehen ist so simpel wie selbstzerstörerisch: Schuld sind aus russischer Sicht immer die anderen. Spätestens seit Wladimir Putin die Macht im Kreml übernommen hat, gilt es als unverzeihliche Schwäche, Fehler in den eigenen Reihen einzugestehen. Das beginnt bei der mangelnden Aufarbeitung der Verbrechen der Stalin-Zeit und endet bei der Eroberung und Annexion der Krim, für den "die Faschisten" in Kiew und im Zweifel auch die Nato und der Westen verantwortlich gemacht werden. Selbst in der völlig eindeutigen Staatsdopingaffäre vor den Olympischen Spielen haben russische Top-Funktionäre keine Verantwortung übernommen. Vielmehr wurde die Schuld Einzelnen zugewiesen, insbesondere jenen Whistleblowern, die das Lügengebäude zum Einsturz brachten. Sportminister Witali Mutko, unter dessen Ägide das Doping zur Methode wurde, ist weiter im Amt und wird die Fußball-WM 2018 im eigenen Land vorbereiten - jener Minister übrigens, der die Prügelattacken russischer Hooligans bei der Euro 2016 lobte (!), statt sich zu entschuldigen und gegenzusteuern. Die Mechanismen dieser Art von Ent-Schuldung sind immer die gleichen, und sie werden im Fall MH 17 einmal mehr offen vorgeführt. Das Schlimmste daran ist: Die russische Verantwortungsverweigerung trägt den Keim künftiger Fehler und Verbrechen in sich. Wer die eigenen Versäumnisse und Schandtaten nicht benennt und aufarbeitet, wird nicht daraus lernen. Um der Opfer und ihrer Angehörigen willen ist es deshalb auch so wichtig, die Ermittlungen unabhängig und bis zum Ende weiterzuführen, selbst wenn allen Beteiligten klar ist, dass niemand zur Rechenschaft gezogen wird. Die Nächsten der Getöteten haben ein Recht darauf, zu erfahren, wie und warum ihre Liebsten sterben mussten. Und die Welt hat ein Recht darauf zu erfahren, wes Geistes Kind die Führung in Moskau ist, die gerade in Syrien als Helfer eines terroristischen Regimes Krieg führt.

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