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Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zur Bundesliga

Regensburg (ots)

Weihnachtsmeister

von Claus Wotruba

Herrlich, dieser neue Titel in der Fußball-Bundesliga. Jetzt gibt es ihn endlich, den überfälligen Weihnachtsmeister. Auf den Halbzeitmeister müssen wir ja noch einen Spieltag länger und bis ins neue Jahr warten. Er steht erst am 21. Januar fest. So sieht Marketing in Perfektion aus! Weil's so schön ist, ließe sich vielleicht gleich noch ein Ostermeister kreieren. Blöd nur, dass am 16. April 2017 schon der 29. Spieltag vorüber ist und der Meister vielleicht (oder mindestens so gut wie) feststeht. Denn letztlich ist es ja sowieso einerlei, ob Start-, Weihnachts-, Oster- oder sonst irgendein Meister: Die Bundesliga ist die Showbühne des FC Bayern München - und sie bleibt es. Wenn es ein Emporkömmling wie Leipzig es wagt, Umsturzgedanken zu hegen, sitzt er nur kurzzeitig auf dem Thron. Mit dem 3:0 haben die Münchner in einem einseitigen Spitzenspiel einem Konkurrenten gründlichst die Hörner abgestoßen. Lassen Sie es uns mit einem leicht abgewandelten Songtext der guten, alten Neue-Deutsche-Welle-Band Geier Sturzflug ausdrücken: "Eins kann mir keiner nehmen und das ist die pure Lust an Titeln." Nach ein wenig ungewohnter Aufregung an der Spitze - die sich nun gut und gerne für länger legen kann - wirkt die Liga aber in Gänze ein wenig aufgeregter als in vielen anderen Jahren. Mit Andre Schubert in Mönchengladbach wuchs die Liste der geschassten Trainer auf sieben. Das ist eine zu diesem Zeitpunkt nie gekannte Zahl in seit der Bundesliga-Gründung 1963. Es liegt wie immer im Auge des Betrachters, die Berechtigung von Trennungen zu diskutieren. Doch dass mit Darmstadt, Ingolstadt und Augsburg auch Standorte die einfachsten Mechanismen bemühten, die die zuvor vermutete Langzeit-Philosophie teils sogar ohne Not über den Haufen warfen, ist schade. Solche Klubs zu sehen täte uns gut. Es sind wenige, die Kontinuität über Aktionismus stellen. Freiburg vielleicht? Auch Mainz ist eine sicherere Bank. Dortmund sollte passen, natürlich. Köln klingt neuerdings gut - und das ist kein Karnevals-, Entschuldigung in Bayern heißt das Faschingsscherz. In Berlin, Hoffenheim, Frankfurt oder auf Schalke muss sich erst weisen, wie hoch der Dispokredit des Trainers ist. Die Bundesliga ist dieser Tage also auch ein Entlassungsmeister, zumal diese Welle über die Trainerbänke hinaus schwappte und selbst renommierte Manager-Kräfte wie einen Klaus Allofs wegspülte. Es mag altmodisch sein, zu behaupten, dass Identifikation auch in Tagen steter virtueller Austauschbarkeit ihre Bedeutung, ja Popularität nicht verloren hat. Die Bundesliga ist von jeher eine hektische Welt von nicht immer verständlicher, schon gar nicht logischer Ausrichtung - aber der Fußball ist ja auch viel zu emotional, um logisch zu sein. Und dennoch steigt die Gefahr, die Ursprünglichkeit des Fußballs durch zu viel Austauschbarkeit zu ersetzen. Ein sich immer schneller drehendes Karussell ist keine Lösung. Selbst beim Hamburger SV werden sie das irgendwann begreifen müssen - und sei es in der zweiten Liga wie der VfB Stuttgart. Übrigens lässt sich gegen die Bayern sagen, was man will. Aber eines sind sie eben ganz sicher auch - ein Meister der Kontinuität. Sie schaffen es zum Beispiel, dass ein Franzose wie Franck Ribéry - von dem man sonst halten kann, was man will - zum bekennenden Bayern wird. Sie schaffen vordergründig natürlich aufgrund der Erfolge, hintergründig aber auch mit dem Einbau Ehemaliger an diesen und jenen Stellen. Die Bayern haben sich auch auf diese Weise eine Identität geschaffen, die kaum mehr zerstörbar scheint. Das sieht zwar einfach aus, ist aber eine Kunst. Und dafür gebührt ihm die größte Gratulation, diesem Weihnachtsmeister 2016.

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