Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu Managergehältern: Gier nach Geld von Reinhard Zweigler
Regensburg (ots)
Es ist eine seltsame Debatte, die Deutschland derzeit wieder einmal erfasst hat. Es geht um Gehalt und Gerechtigkeit, um Neid und um die richtigen Maßstäbe, um große Leistungen und teures Versagen. Dass Topmanager hierzulande viel zu viel verdienen, darüber herrscht wohl rasch an jedem Stammtisch große Einigkeit. Zumal wenn es sich um solche handelt wie Martin Winterkorn. Der Ex-Vorstandschef will vom größten Skandal in der Geschichte des Volkswagenkonzerns lange nichts gewusst haben. Der ehemalige Top-Verdiener unter den Deutschen Dax-Vorständen ist mittlerweile zum Inbegriff für Maßlosigkeit, Gier und Abgehobenheit geworden. Frühere Verdienste, die der detailbesessene Ingenieur Winterkorn ganz zweifellos ebenfalls hat, verblassen angesichts der jüngsten dramatischen Vorwürfe allerdings. Martin Schulz, fast schon so etwas wie der wieder auferstandene Gerechtigkeits-Messias der Sozialdemokratie, hat das Thema der Manager-Bezüge jetzt erneut kräftig angefacht. Ein Gesetz muss her, dass zumindest die steuerliche Absetzbarkeit der satten Spitzengehälter, üppigen Bonuszahlungen und hohen Ruhegelder der Vorständler begrenzt, sagt die SPD. Das ist einerseits zweifellos richtig, um endlich die maßlosen Auswüchse bei den Managerbezügen zu begrenzen. Andererseits jedoch hat die SPD selbst über drei Jahre lang auf der Bremse gestanden. Ein entsprechendes Gesetz, das noch der vorangegangene Bundestag mit der schwarz-gelben Mehrheit beschlossen hatte, wurde seinerzeit von der SPD im Bundesrat blockiert. Und der heutige Justizminister Heiko Maas, der eigentlich längst ein Gesetz für mehr Transparenz bei den Managerbezügen hätte vorlegen sollen, schob das Vorhaben aus dem schwarz-roten Koalitionsvertrag auf die Lange Bank. Es geht nicht nur um mehr Gerechtigkeit bei den Top-Gehältern, sondern auch um Redlichkeit in der Politik. Zugleich sollte die Gesellschaft freimütig - und ohne alle Manager über einen Kamm zu scheren - diskutieren, welche Vergütungen für Vorstände, aber auch für die Aufsichtsgremien von Großunternehmen tatsächlich angemessen sind. Entscheidend sollte dabei nicht das Bauchgefühl sein, sondern ob es dem Vorstand gelingt, das Unternehmen langfristig erfolgreich zu führen. Die Betonung liegt auf langfristig. Effekthascher, die auf Teufel komm raus den Rotstift schwingen, nur um tolle Quartalszahlen zu bekommen und die Kurse zu puschen, gibt es leider zur Genüge. Manager, die Langfriststrategien verfolgen - und dabei von Aufsichtsgremien und den Eigentümern unterstützt werden - viel zu wenige. Weil alle Selbstverpflichtungen der Vorstände bislang nur vollmundiges Gerede ohne Wirkung waren, sollte der Gesetzgeber nun ernsthaft zumindest an die Begrenzung der steuerlichen Absetzbarkeit von Bezügen, Boni und Ruhegeldern gehen. Denn es ist wirklich nicht einzusehen, warum Millionen von Normalverdienern die Millionen-Bezüge von Spitzenmanagern noch weiterhin indirekt mitbezahlen sollen. Die Verführungen des großen Geldes sind riesig. Dennoch dürfen auch Topmanager keine abgehobene Kaste sein, die ihre Wertschätzung vor allem aus möglichst vielen Stellen vor dem Komma in ihrer Gehaltsabrechnung zieht. Topmanager werden hierzulande zumeist exorbitant bezahlt. Doch nicht immer entspricht das ihren jeweiligen Leistungen, ihrer Verantwortung für ihr Unternehmen, aber auch für die Gesellschaft. Topmanager sollten das bekommen, was sie verdienen. Ein Gesetz, dass die Auswüchse zumindest eindämmt, könnte ein kleiner Schritt dahin sein.
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