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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu Maaßen/Koalition: Hypothek Maaßen von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

Eigentlich war Hans-Georg Maaßen der große Hoffnungsträger für das arg in die Kritik geratene Bundesamt für Verfassungsschutz. Nach den im Fall der NSU-Morde bekanntgewordenen Fehler des Geheimdienstes wurde der versierte Jurist und Spezialist für Ausländerrecht zu dessen neuem Chef. Maaßen sollte das ramponierte Ansehen der Verfassungsschützer aufpolieren, eine moderne, effiziente Behörde aufbauen. Freilich wurde er die Negativschlagzeilen nicht los. Der Fall des Lkw-Attentäters vom Berliner Breitscheidplatz Anis Amri offenbarte erhebliche Mängel in der Zusammenarbeit von Bundes- und Länderbehörden des Verfassungsschutzes. V-Leute im Umfeld des Mörders versagten, es gab Widersprüche über Widersprüche. Sie gipfelten in dem Vorwurf, dass die Sicherheitsbehörden den Tod von unschuldigen Menschen hätten verhindern können. Zuvor schon, im Fall des NSA-Enthüllers Edward Snowden, war Maaßen damit aufgefallen, dass er die Internet-Blogger, die Snowdens Dokumente verbreiteten, mit einer Strafanzeige überzog. In der Flüchtlingskrise ab dem Sommer 2015 warnte Maaßen ständig vor der Gefahr von Terroristen unter den Ankömmlingen. Aber das ist freilich sein Job. Doch wer genau hinsah, konnte da schon den sich auftuenden Riss zwischen Verfassungsschützer und Kanzlerin erkennen. Der stets korrekt im Dreiteiler daher kommende Beamte wagte sich auf das glatte Parkett der Politik vor. Der Schattenmann suchte immer mehr das Licht der Öffentlichkeit und der Medien. Auf der anderen Seite suchte er offenbar aber auch den Kontakt zur AfD. Er soll der damaligen Parteichefin Frauke Petry intern geraten haben, sich vom Rechtsaußen Björn Höcke zu trennen, um einer Beobachtung der Partei durch seine Behörde zu entgehen. Vollends zu einer schweren Hypothek für die Regierungschefin, den Bundesinnenminister und die gesamte GroKo wurde Maaßen allerdings als er wenige Tage nach den Ereignissen von Chemnitz via Bild-Zeitung eine völlig andere Deutung der Vorfälle nach dem Mord an einem Deutsch-Kubaner gab. Während Maaßen vor "gezielter Falschinformation" durch ein Video warnte, das aus nicht seriöser, linkslastiger Quelle stamme, sprachen Angela Merkel und ihr Sprecher von "Hetzjagden". Maaßen widersprach. Mit der jetzt bekanntgewordenen Vorab-Unterrichtung der AfD über Fakten aus dem Verfassungsschutzbericht könnte Maaßen den Bogen nun jedoch völlig überspannt haben. Mögen die von ihm ausgeplauderten Zahlen, etwa über islamistische Straftäter oder den Haushalt seiner Behörde, gar nicht so geheim gewesen sein, so offenbart allein das Gespräch mit der AfD, in der zumindest Teile mit der demokratischen Grundordnung auf Kriegsfuß stehen, eine nicht zu tolerierende Nähe. Das war etwa so, als wenn sich ein Staatsanwalt mit einem, dem ein Strafverfahren droht, zum Kaffee träfe. Ein Unding. Doch Maaßen hin und Maaßen her, im Kern geht es um das tiefe politische Zerwürfnis zwischen Merkel und Seehofer. Maaßen ist nur eine Figur auf dem Schachbrett, auf dem sich Kanzlerin und Innenminister seit Monaten duellieren. Dass der Koalitionsgipfel gestern keine Entscheidung im Fall Maaßen zustande brachte, sondern sich vertagte, zeigt nur, dass das Patt zwischen den beiden Unions-Vorsitzenden weiterhin besteht. Einerseits hat Angela Merkel nicht die Kraft, Seehofer in diesem brisanten Fall in die Schranken zu weisen und Maaßens Versetzung in den Ruhestand durchzudrücken. Andererseits tut sich aber auch Horst Seehofer keinen Gefallen, wenn er am angeschlagenen Verfassungsschützer festhält. Sollte es am 14. Oktober für die CSU in Bayern nicht gut ausgehen, wird man Seehofer zum Sündenbock machen und ihm auch den Fall Maaßen ankreiden.

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