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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zur Verleihung des Friedensnobelpreises: Würdige Nobelpreisträger von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

Mit dem fünften Teil des jährlichen Zinses seine Vermögens, so bestimmte es der Erfinder des Dynamits, der Schwede Alfred Nobel, 1895 in seinem Testament, solle künftig derjenige ausgezeichnet werden, der im vergangenen Jahr "am meisten oder am besten auf die Verbrüderung der Völker und die Abschaffung oder Verminderung stehender Heere oder die Förderung von Friedenskongressen hingewirkt" habe. Mit großer Spannung war die gestrige Entscheidung aus Hunderten möglichen Kandidaten und Organisationen erwartet worden. Zu den immer wieder Genannten gehören seit Jahren Papst Franziskus und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Doch nicht immer hatte das Nobel-Komitee eine glückliche Hand bei der Auswahl der jährlichen Träger der wohl wichtigsten politischen Auszeichnung der Welt. Dem einstigen US-Präsidenten Barack Obama wurde die Ehrung gleich im ersten Amtsjahr als Vorschusslorbeer zuteil. Da war an ein erfolgreiches Atomabkommen mit dem Iran noch nicht zu denken. Und in seinen zwei Amtszeiten zögerte der Friedensnobelpreisträger Obama freilich nicht, Drohnen gegen Terroristen einzusetzen, was auch viele unschuldige Zivilisten das Leben kostete. Auch über den Nobelpreis für Michail Gorbatschow gehen die Meinungen weit auseinander. Der Kremlchef brachte nicht nur Glasnost und Perestroika in das Sowjetimperium, sondern unterstützte auch einen Putschversuch gegen die Unabhängigkeit der einstigen Sowjetrepublik Litauen, bei dem es Tote und Verletzte gab. Doch mit der Entscheidung für die irakische Jesidin Nadia Murad und den kongolesischen Arzt Denis Mukwege für den diesjährigen Friedensnobelpreis hat das Osloer Komitee eine gute, eine würdige Wahl getroffen. Es werden zwei mutige Menschen für ihren bewundernswerten Einsatz gegen sexuelle Gewalt als Mittel des Krieges geehrt. Murad und Mukwege geben dem Kampf gegen die massenhaften Verbrechen an wehrlosen Frauen und Mädchen in Kriegen und Konflikten ihr Gesicht und ihren Namen. Ihre Auszeichnung ist aber zugleich eine Aufforderung an die internationale Gemeinschaft, alles zu unternehmen, um die Verantwortlichen für die schrecklichen Vergewaltigungen vor ein internationales Gericht zu stellen. Die Täter und ihre Befehlsgeber müssen für die Verschleppungen, Vergewaltigungen und Tötungen zur Rechenschaft gezogen werden. Auch wenn die religiös verblendeten Krieger des Islamischen Staates (IS) aus dem Irak weitgehend und aus weiten Teilen Syriens nahezu vertrieben worden sind, befinden sich immer noch etwa 3000 Frauen und Kinder in IS-Gefangenschaft. Ihr Schicksal und ihr Leid darf nicht vergessen werden. Zumal die Scheinwerfer der internationalen Aufmerksamkeit sich recht schnell anderen Schauplätzen zuwenden. Auch daran erinnert die Entscheidung aus Oslo. Die Botschaft heißt: nicht wegschauen, nicht weghören, nicht vergessen. Selbst wenn einem bei der Schilderung der Gräuel, denen die Frauen und Mädchen ausgeliefert waren, fast das Blut in den Adern zu stocken scheint. Ganz wichtig für die Opfer ist zudem, dass sie auch in Freiheit nicht mit ihrem Schicksal allein gelassen werden. Denn oft werden die Opfer sexueller Gewalt danach noch stigmatisiert, von der Gesellschaft abgestempelt, ausgegrenzt. Der kongolesische Gynäkologe Denis Mukwege hilft unermüdlich betroffenen Frauen und prangert zugleich die weitgehende Straflosigkeit ihrer Peiniger an. Dafür wird er jedoch mit dem Tode bedroht. Die Auszeichnung dieses mutigen Arztes und der couragierten jungen Jesidin ist ein wichtiges Zeichen gegen Gewalt, Menschenhandel und Völkermord. Überall auf der Welt.

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