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Mittelbayerische Zeitung: Business statt Bolzplatz
Platz für Fußballromantik lassen die Gedanken- und Ränkespiele der Fifa, der Uefa und der Klubs kaum mehr. Leitartikel von Heinz Gläser

Regensburg (ots)

Imperien gehen meist an inneren Konflikte zugrunde. Sie leiden irgendwann an Überdehnung. Dekadenz, Korruption und Elitenversagen sind die Symptome für grundlegende Interessengegensätze. Der Fußball gebietet aktuell über solch ein Weltreich, in dem - in Anlehnung an die Zeit Karls V. - die Sonne nie untergeht und zudem sprudelnde Geldquellen allen Untertanen ein höchst komfortables Dasein garantieren. Doch es mehren sich die Anzeichen dafür, dass dieses Imperium eines nicht mehr allzu fernen Tages kollabieren könnte - und sei es nur aus grenzenloser Gier. Sinnigerweise war Rom, die ewige Stadt, in dieser Woche der Schauplatz des Kongresses der Europäischen Fußball-Union Uefa. Der Alte Kontinent ist der Nabel der Fußballwelt, beherbergt die nationalen Top-Ligen und mit der Champions League den Goldesel dieses Sports. Nach eigenem Selbstverständnis war die Uefa niemals nur eine Untergliederung des ebenfalls in der Schweiz beheimateten Weltverbandes Fifa. Aktuell ist sie mehr Antipode als Partner. Die Uefa hütet ihre lukrativen Wettbewerbe wie Kronjuwelen vor dem Zugriff der Fifa, die wiederum lediglich die WM als Geldbringer im Portfolio hat und in ihrer Not sportlich umstrittene Ladenhüter wie die obskure Klub-WM ersinnt. Verständlich, dass Fifa-Boss Gianni Infantino die Pläne für eine milliardenschwere globale Nations League forciert. Ebenso nachvollziehbar ist freilich, dass die Europäer dem Ansinnen des smarten Eidgenossen mit großer Skepsis begegnen. Sie sehen in dem undurchsichtigen Vorhaben eine Mixtur aus feindlicher Übernahme und kalter Enteignung. Damit nicht genug der inneren Konflikte. In der Uefa wie in der Fifa treten die Interessengegensätze zwischen Groß und Klein, Reich und Arm offen zutage. Die kleinen und nicht auf Rosen gebetteten Mitgliedsverbände fordern ihren Teil vom Kuchen ein, und ihr großer Trumpf im Machtgefüge ist, dass im Weltfußball zumindest auf dieser Ebene das demokratische Prinzip funktioniert. Wenn die Funktionäre im mondänen Ambiente zur Abstimmung schreiten, zählt die Stimme Samoas so viel wie diejenige Brasiliens. Ein Umstand, den sich schillernde Gestalten auf den Präsidentensesseln wie Sepp Blatter und Michel Platini immer wieder geschickt zunutze machten, wenn es um das Schmieden von Allianzen ging. In dieser Gemengelage dürften die Konflikte in den kommenden Jahren eskalieren. Das Arsenal beider Seiten ist beachtlich. Eine Fußball-WM ohne europäische Mannschaften? Eigentlich unvorstellbar, aber eine mögliche Drohkulisse. Die Fifa wiederum könnte die europäischen Topklubs, die ohnehin ihr eigenes Süppchen kochen und denen ihre nationalen Ligen und selbst die Champions League zu klein geworden sind, mit den Verheißungen eines weltumspannenden Wettbewerbs ködern. Glaubt man Infantino, stehen die Interessenten ja Schlange. Indes, sie geben sich noch nicht zu erkennen. Platz für Fußball-Romantik lassen diese Gedanken- und Ränkespiele nicht mehr. Das stete Beschwören von Traditionen und Werten produziert nur mehr hohle Phrasen. Das Milliardengeschäft Profifußball ist der Basis auf den Bier-und-Bratwurst-Bolzplätzen entrückt. Das mögen die echten Fans bedauern. Doch die Fairness würde es gebieten, diese Tatsache nicht länger zu bemänteln. Der europäische Sport blickt ja gerne mit einer gewissen Hybris über den Atlantik. Aber der nordamerikanische Sport ist zumindest als rein gewerbliches Unternehmen identifizierbar. Im Reich von Gianni Infantino und des in Rom im Amt bestätigten Uefa-Präsidenten Aleksander Ceferin regieren ebenfalls knallharte Geschäftsinteressen. Sie sind allerdings immer schwerer unter einen Hut zu bringen. Der Weltfußball versucht sich derzeit an dem Kunststück, zusammenzuhalten, was nicht mehr zusammengehört. Mag ja sein, dass dies noch einige Zeit gelingt. Langfristig jedoch wird auch dieses Imperium auseinanderbrechen.

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