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Russland bin ich: Wladimir Putin will sich ein quasi monarchisches Erbamt schaffen/ Leitartikel von Ulrich Krökel

Regensburg (ots)

Nun also ist die Katze aus dem Sack. Wladimir Putin will über 2024 hinaus russischer Präsident bleiben. Anders war seine Erklärung am Dienstag nicht zu verstehen, er trete für eine Verfassungsänderung in diesem Sinn ein. Genauer gesagt soll ein erneuertes Grundgesetz her. Auf dieser Basis dürfe dann bei künftigen Präsidentenwahlen niemand ausgeschlossen werden, forderte der Kremlchef. Also auch er selbst nicht. Deshalb sollen alle früheren Amtszeiten "annulliert" werden. Die Einschränkungen, die Putin bei seinem Auftritt vor der Staatsduma machte, lassen sich getrost als politische Folklore abtun, als Verfahren gespielter Demokratie. Das gilt sowohl für den Hinweis, das letzte Wort hätten die Bürger in einem Referendum, als auch für die Anrufung des Verfassungsgerichts. Dass die Justiz bis hin zur höchsten Instanz aus dem Kreml gelenkt wird, ist ein offenes Geheimnis in Russland. Ebenso unstrittig ist, dass Putin sowohl über die Popularität als auch über die machttechnischen Mittel verfügt, um jede Wahl und jedes Referendum zu gewinnen. Alles deutet also darauf hin, das Putin sich ein quasi-monarchisches Erbamt schafft. Denn die laufende Operation Machterhalt ließe sich ja beliebig oft wiederholen. Und der Glaube daran, dass der 67-jährige Putin eines fernen Tages in fortgeschrittenem Alter von seiner Alleinherrschaft ablassen könnte, dürfte angesichts dieses jüngsten Handstreichs auch in Russland gegen null tendieren. Das aber heißt, dass Putin nun tatsächlich zu jenem Zaren mit absolutistischem Ewigkeitsanspruch aufsteigt, den die meisten politischen Analysten längst in ihm sehen. Der Staat bin ich, hieß das bei Ludwig XIV. Putin bekannte sich am Dienstag kaum verklausuliert zu dem Wahlspruch: Russland bin ich. Die Menschen im Land wünschten seinen Verbleib im Amt, erklärte er, als müsste er sich für das Schicksal der Nation opfern. Vielleicht sieht er das sogar wirklich so. Andeutungen in dieser Richtung hat er schon des Öfteren gemacht. Wichtiger allerdings ist die Frage, ob Putins Festhalten am höchsten Staatsamt ein Zeichen seiner Stärke ist oder nicht doch eher das Symptom einer Systemschwäche. Viel spricht für Letzteres. Es wurde ja nicht ohne Grund lange darüber spekuliert, dass Putin 2024 in die Kulissen zurücktreten könnte, um aus dem Hintergrund heraus die Geschicke des Landes so lange weiter zu lenken, bis ein würdiger Nachfolger aufgebaut wäre. Dieser sollte dann Putins Erbe sichern, im Zweifel auch über dessen Tod hinaus. Nun aber ist klar: Es funktioniert nicht. Russland ohne Putin funktioniert nicht. Da aber auch ein Putin nicht ewig leben wird, erscheint die Zukunft des Landes in diesem März 2020 unsicherer denn je. Das belegen im Übrigen auch die weiteren geplanten Verfassungsänderungen. Die Machtbefugnisse des Präsidenten sollen sogar noch ausgebaut werden. Dazu treten ein Gottesbezug, die Festschreibung der Ehe als Bund von Mann und Frau und die Rolle der Russen als staatstragendes Volk in dem multiethnischen Riesenreich. Das sind lauter nationalkonservative Regelungen, die Stabilität und Sicherheit deutlich höher bewerten als Freiheit, Fortschritt und modernen Innovationsgeist. Hinzu kommt: Russisches Recht sticht internationales Recht. Das wird noch einmal ausdrücklich betont. Es ist kein Zufall, dass Wladimir Putin den Vorschlag für die Verfassungsreform am kommenden Mittwoch unterzeichnen will, dem sechsten Jahrestag der Krim-Annexion. "Russland kann sich nur auf sich selbst verlassen", lautet einer von Putins politischen Leitsätzen. Das kommt nicht so großspurig daher wie Donald Trumps "America first". Eine Absage an jede Form von Multilateralismus ist es aber gleichwohl.

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