Trump kann Corona nicht aussperren
Der US-Präsident droht das Kräftemessen mit dem Virus zu verlieren. Von Thomas Spang
Regensburg (ots)
Das Covid-19-Virus hat keine Nationalität. Es lässt sich weder von Schlagbäumen noch von Meeren aufhalten. Eine Pandemie ist so global wie die Welt, deren Märkte, Handel und Wissenschaft eng miteinander verknüpft sind. Dabei spielt es keine Rolle, wo der neue Krankheitserreger zuerst auftrat. Entscheidend ist, wie die Welt auf diese Herausforderung reagiert: in solidarischer Zusammenarbeit oder jeder für sich allein. Donald Trump hat sich entgegen aller Vernunft für letzteren Weg entschieden. Ohne Rücksprache mit den Alliierten ordnete er einen Reise-Bann aus Europa an, der kurioserweise nicht für Briten und Iren gilt. Die beste Erklärung dafür ist, dass er in beiden ausgenommenen Ländern Golfressorts besitzt. Jede andere Begründung ergibt rational keinen Sinn. Wie wenig eine Insellage schützt, zeigt Island, das eine der höchsten Pro-Kopf-Infektionsraten der Welt hat. Der Reise-Bann hat keinen Sinn, weil das Virus längst in den USA angekommen ist. Und sich dank der Sorglosigkeit Trumps unsichtbar ausbreitet. Die US-Regierung ließ die Zeit seit der ersten Covid-19-Diagnose in China ungenutzt verstreichen, statt in den USA aggressiv auf das Coronavirus zu testen. Noch immer stehen nicht genügend Test-Kits zur Verfügung. Ohne zu wissen, wo die Epizentren liegen, lässt sich eine Pandemie nicht stoppen. Statt Führung zu beweisen, schürt Trump - wie alle Nationalisten - Angst vor dem Fremden, sieht sich als Opfer äußerer Kräfte und glaubt fest an die eigene Überlegenheit. In seiner Rede an die Nation gebraucht der Präsident dümmliche Begriffe, wie den des "ausländischen Virus". Er inszeniert die Pandemie wie einen Wettbewerb um niedrige Infektionszahlen. Indem er sie selber künstlich niedrig hält, versucht er den Eindruck zu erzeugen, die USA seien irgendwie besonders immun. Diese Idiotie hat handfeste Konsequenzen. Zum Beispiel für die erkrankten Amerikaner auf einem Kreuzfahrtschiff in der Bucht von San Francisco, die Trump nicht an Land lassen wollte. Oder die älteren Menschen, die dank einer Intervention des Weißen Hauses jetzt nicht durch die Gesundheitsbehörde CDC davor gewarnt werden, zu fliegen. Wie wenig dem notorischen Geschichtenerzähler im Weißen Haus außerhalb des Kults, der ihm blind folgt, irgendjemand glaubt, lässt sich an den Märkten ablesen. Am Tag nach seiner konfusen "Rede an die Nation" und dem Reise-Bann für Europäer stürzten die Börsen so weit ab, dass die Wall Street den Handel aussetzen musste. Vertrauen sieht anders aus. Schon gibt es erste Vergleiche zu Hurrikan Katrina, der die damalige US-Regierung George W. Bushs unvorbereitet traf. Dass die Armen von New Orleans auf den Dächern saßen, war eine von Menschen verursachte Katastrophe. Viele der fast 2000 Toten könnten noch leben, hätte die Regierung in Dämme und öffentlichen Nahverkehr investiert. Trump kann gewiss nicht das Aufkommen des neuen Covid-19-Virus angelastet werden. Wie sich seine Regierung dazu verhält, dagegen schon. Dazu gehört die Ignoranz gegenüber den wirtschaftlichen Realitäten dieses Landes, in dem acht von zehn Arbeitern von Lohntüte zu Lohntüte leben und 23 Millionen Menschen keine Krankenversicherung haben. Aber auch die sträfliche Verzögerung, eine umfassende Eindämmungsstrategie zu verfolgen. Während der Pandemie einen "Commander-in-Chief" zu haben, der auf Kriegsfuß zur Wirklichkeit, Wissenschaft und Wahrheit steht, ist so besorgniserregend wie das Virus selbst. Dieser Kampf lässt sich weder mit Panikmache noch Populismus gewinnen, sondern nur durch enge Kooperation weltweit. Allein schon deswegen ist ein Reise-Bann das falsche Signal.
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