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Zwei zu Null für Joe Biden
Donald Trump schaffte es im zweiten TV-Duell nicht, die Dynamik des Rennens zu verändern.
Leitartikel von Thomas Spang

Regensburg (ots)

Der Stummschalt-Knopf beim erneuten TV-Duell zwischen US-Präsident Donald Trump und dem demokratischen Kandidaten Joe Biden wirkte Wunder. Er zwang Trump dazu, seinen Herausforderer ausreden zu lassen. Das Ergebnis war eine im Ton zivilere Debatte, die den Amerikanern die Möglichkeit gab, knapp zwei Wochen vor den Wahlen beide Präsidentschafts-Kandidaten noch einmal auf einer Bühne zu erleben. Der Amtsinhaber stand vor einer größeren Herausforderung, weil er rund zehn Prozentpunkte im Schnitt der nationalen Umfragen zurückliegt - und auch deutlich in den Erhebungen der entscheidenden "Swing States". Die Rekordzahl von mehr als 49 Millionen Amerikaner hatte am Abend der Debatte bereits ihre Stimme per Brief- oder Frühwahl abgegeben. Und mit mehr als 75 000 Corona-Neuinfektion, verzeichneten die USA die höchste Zahl an Neuerkrankungen an einem einzigen Tag. Anders als vor vier Jahren gibt es diesmal nur noch sehr wenige Wähler, die sich noch überzeugen lassen. Um die im Schlussspurt des Wahlkampfs zu erreichen, hätte der Präsident in Nashville das Rennen aufmischen müssen. Das schaffte Trump während der 90 Minuten nicht. Biden parierte dessen vorbereite Attacken auf seinen Sohn Hunter mit Bravour. Wie ein Judo-Kämpfer fing er sie auf und legte den Präsidenten mit Fragen nach seinen Steuererklärungen aufs Kreuz. Der Versuch, die Aufmerksamkeit der Amerikaner auf einen "Scheinskandal" zu richten, war angesichts der Realität einer außer Kontrolle geratenen Pandemie ohnehin zum Scheitern verurteilt. Der Virus bestimmt den Alltag so sehr, dass er auch über den Ausgang dieser Wahlen entscheiden wird. Biden ließ keine Gelegenheit aus, die Amerikaner an das Versagen des Präsidenten, seine Quacksalberei und sein Wunschdenken zu erinnern. Trump tat sich für seine Zustimmung bei älteren Wählern keinen Gefallen, als er dafür plädierte "mit dem Virus zu leben". Biden legte den Finger in die Wunde, als er Trump vorhielt, tatsächlich wolle er, dass sich die Amerikaner daran gewöhnten, mit COVID-19 zu sterben. Angesichts von mehr als 220 000 Toten und einer dritten Pandemie-Welle, die sich bedrohlich aufbaut, wirkte Trumps Behauptung komplett illusionär, die Pandemie sei "fast überwunden". Oder als er behauptete, die Pandemie werde wie magisch verschwinden. Biden bekräftigte sein Image des vernünftigen Kandidaten, der die Rückkehr zu Anstand und Normalität verspricht. Während Trump mit dem, was er sagte, einmal mehr wie der "verrückte Onkel" rüber kam. Ein Kandidat, der in einem parallelen Universum lebt, in dem nicht er, sondern Biden an der Grenze zu Mexiko Flüchtlingskinder von ihren Eltern weggenommen und in Käfige gesperrt hat; in dem der Demokrat Schwarze drangsaliert, während der weiße Nationalist die "am wenigsten rassistische Person im Raum" ist; in dem sein Herausforderer imaginäre Zahlungen aus Russland erhält, während in der Realität ein Geheimkonto Trumps in China aufgeflogen ist. Der Präsident hat sich mit dieser Debatte voller Lügen und Halbwahrheiten keinen Gefallen getan, sondern bestehende Eindrücke gefestigt. Von der Pandemie über die Gesundheitspolitik bis hin zur Staatsverschuldung hat er sich vor allem durch eines auszeichnet: Donald Trump hat keinen Plan. Die Wähler stehen nun vor einer klaren Alternative und es ist schwer vorstellbar, wie der Amtsinhaber die Dynamik dieses Rennens auf der Zielgeraden angesichts rasant steigender Infektionen noch für sich entscheiden will.

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