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Politische Spiele sind fehl am Platz/Trotz Teil-Lockdown ist es nicht gelungen, das Infektionsgeschehen ausreichend einzudämmen. Ein Nachbessern war nötig, auch bei der Kommunikation. Von Jana Wolf

Regensburg (ots)

Die Zahlen sinken und sinken nicht, stattdessen nimmt die Geduld und Durchhaltekraft vieler Menschen zusehends ab. Obwohl der November-Teil-Lockdown nun bereits die vierte Woche in Folge andauert, ist im Infektionsgeschehen kein nennenswerter Rückgang erkennbar. Im Gegenteil, die Zahl der Todesfälle hat gestern mit 410 binnen eines Tages einen traurigen Höchststand erreicht. Und der Level der täglichen neuen Covid-19-Fälle bewegt sich seitwärts, anstatt - wie erhofft - deutlich abzufallen. Das ist freilich ernüchternd. Denn auch wenn der Lockdown nur "light" ist, treffen die geltenden Beschränkungen dennoch viele Menschen ganz schön "heavy".Ob Wirte, Kneipen- und Kinobetreiberinnen, Hoteliers, Schauspielerinnen oder Bademeister - allen, die ihrem Beruf nicht nachgehen können, verlangt die Lage verdammt viel ab. Auch im Gesundheitswesen - bei Pflegekräften, Ärztinnen oder Gesundheitsamt-Mitarbeitern - werden Kräfte und Nerven stark strapaziert. In dieser schwierigen Gemengelage traten gestern die Regierungschefs von Bund und Ländern zusammen, um sich auf einen weiteren Fahrplan zu verständigen. Das war auch dringend nötig.Klar ist, dass bei den Corona-Maßnahmen nachjustiert werden musste. Denn die Infektions- und Todeszahlen zeigen eindeutig an, dass die bisherigen Schritte nicht ausgereicht haben, um das Virus im Winter einzudämmen. Die Verlängerung des Teil-Lockdowns bis kurz vor Weihnachten war bereits im Vorfeld absehbar, daran führte kein Weg vorbei. Klar ist aber auch, dass nicht nur bei konkreten Beschlüssen, sondern auch in der Kommunikationsstrategie von Bund und Ländern nachgebessert werden muss. Missratene Auftritte wie das Zwischenbilanz-Treffen vom vergangenen Montag sind dazu geeignet, die Akzeptanz in der Bevölkerung zu verspielen. Es braucht mehr Klarheit, Konsequenz und Einigkeit - in den Maßnahmen wie in deren Vermittlung.Ob die Regierungsspitzen tatsächlich aus vergangenen Fehlern gelernt haben, blieb aber auch gestern fraglich. Zwar gab es eine durchaus sinnvolle Strategieanpassung im Vorfeld: Anstatt wie zuletzt eine Last-Minute-Vorlage aus dem Kanzleramt als Grundlage der Beratungen zu nehmen, haben sich die Länderchefs bereits am Montag auf ein gemeinsames Papier verständigt. Erfolgreiche Beratungen brauchen gründliche Vorbereitung. Doch kaum stand dieser vorläufige Kompromiss, scherten einzelne Ministerpräsidenten wieder aus. In der angespannten Lage sind solche machttaktischen Manöver fehl am Platz.Wenn Markus Söder also schon vorab ankündigte, dass für Silvesterfeiern in Bayern strengere Regeln gelten könnten als in anderen Ländern, dann fällt er damit nicht nur seinen Amtskollegen in den Rücken. Er erweckt damit auch den Eindruck, dass Einheitlichkeit nur zu haben ist, wenn alle dem Söder'schen Kurs folgen. In einer Zeit, in der den Bürgern große Solidarität, Disziplin und Zurückhaltung abverlangt werden, ist das ein kontraproduktives Signal. Die Regierenden müssen auch selbst vorleben, was sie der Bevölkerung abverlangen.In diesem Winter ist noch viel Durchhaltekraft gefragt - das gilt über Weihnachten hinaus. Werden die Feiertage in der Corona-Debatte also überbewertet? Nein, das werden sie nicht. Weihnachten ist eines der wichtigsten Feste im Jahr, nicht nur für Christen. Es bedeutet Zeit mit Familie und Freunden, Ruhe und Zusammenkommen - und auch, wenn das Fest anstrengend sein kann, ist es in diesem schwierigen Corona-Jahr doch eine wichtige Zäsur. Dass sich die politischen Schritte an Weihnachten ausrichten, ist daher verständlich. Damit die Corona-Maßnahmen aber auch über die Feiertage hinaus mitgetragen werden, braucht es mehr transparente Kommunikation und weniger politische Eitelkeiten.

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