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Der Kandidat verspielt Vertrauen/Durch Peinlichkeiten und Ungeschick riskiert Armin Laschet die Merkel-Nachfolge. Ist eine Deutschland-Koalition mit SPD und FDP die Rettung? Von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

Wenn Horst Seehofer dem Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet zur Seite springen muss, dann ist Gefahr im Verzug. Lange glaubte man bei der Union wohl, Laschet hätte gewissermaßen das Abonnement auf die Merkel-Nachfolge. Nach dem nur kurzzeitigen Hype um die Grünen-Kandidatin Annalena Baerbock zog die Union eigentlich wieder ziemlich unbedrängt an der Spitze der Umfragen einher. Doch durch allerhand Peinlichkeiten und Ungeschick könnte Laschet das Kanzleramt doch noch verspielen. Souverän sieht anders aus.Seehofers Schützenhilfe jedenfalls, der dem eigenen Kanzlerkandidaten fröhliche Gelassenheit, Zähigkeit und Standfestigkeit zuschreibt, macht vor allem deutlich: Die Nerven liegen blank. Das Rennen um die Macht ist noch längst nicht gelaufen. Umfragewerte sind kurzlebig. Entschieden wird wirklich erst am 26. September. Das sind zwar alles Binsenweisheiten, doch eines steht fest: Eine "sichere Bank" für den Sieg ist der Ministerpräsident aus Nordrhein-Westfalen jedenfalls nicht. Und da ist sein völlig deplatziertes Feixen während der Beileidsbekundung des Bundespräsidenten im Hochwassergebiet noch nicht einmal ausschlaggebend. Auch die Schludrigkeit in seinem vor zwölf Jahren erschienenen Buch über die "Aufsteigerrepublik" ist offenbar längst nicht so gravierend wie Baerbocks Plagiatsfall. Es ist die Summe der kleinen und größeren Verfehlungen, die an Laschets Kanzler-Eignung Zweifel nährt. Er verspielt einfach zu viel der harten politischen Währung - und das ist Vertrauen.Markus Söder, der die Niederlage im unionsinternen Kandidatenrennen wohl nie verwinden wird, hat die Gefahr längst erkannt, die mit dem Absturz von Laschet und damit der gesamten Union verbunden ist. Geht der langsame Sinkflug nämlich weiter, dann würde es nichts mit einem schwarz-grünen Bündnis, mit dem auch Söder offenbar lange Zeit rechnete. Und eine Koalition mit der FDP rückt angesichts einer schwächelnden Union erst recht in den Bereich des Unmöglichen. Partei-Chef Christian Lindner wildert ohnehin ungeniert im Lager der konservativen Wähler und Wählerinnen. Das ist übrigens sein gutes Recht, solange die Union mit Laschet nicht wirklich klare Kante zeigt, sondern Schlafwagen-Wahlkampf betreibt. Indem der gewiefte Taktiker Lindner Laschet lange vor der Zeit zum nächsten Kanzler ausruft, lullt er Unions-Wähler geradezu ein: Ihr müsst gar nicht zur Wahl gehen, es läuft doch auch so.In dem Gewirr möglicher Koalitions-Konstellationen schält sich derzeit immer mehr die Möglichkeit einer Deutschland-Koalition heraus, in der Schwarze, Rote und Gelbe zusammen regieren könnten. In Sachsen-Anhalt lotet CDU-Mann Reiner Haseloff gerade aus, ob ein Bündnis aus Union, SPD und FDP möglich ist. Die Grünen wären dabei außen vor. Das wiederum wäre für alle in der Union, die nur mit Grauen an ein Zweierbündnis mit den Baerbock, Habeck und Co. denken, Balsam für die Seelen. Wenn Söder von Laschet nun, fast ultimativ, einen Neustart im Wahlkampf einfordert, in dem Klimaschutz als Voraussetzung für künftigen Wohlstand ganz oben stehen müsse, dann bedeutet das zugleich eine Kampfansage an die Grünen. Und es ist zugleich eine Mahnung an Laschet. Die wievielte eigentlich?Freilich hat auch eine mögliche Deutschland-Koalition viele Unwägbarkeiten. Würde etwa die in der zweimaligen GroKo arg gebeutelte SPD wirklich noch einmal unter einem Unions-Kanzler mitregieren wollen? Und wenn doch, zu welchem Preis? Olaf Scholz gibt zurzeit den - im Vergleich zu Laschet und Baerbock - seriösen, staatstragenden Wahlkämpfer und obersten Kassenwart, der Staatsgeld nahezu aus dem Füllhorn übers Land verteilt, für Corona-Hilfen und für die Folgen der Flut. Das kommt zumindest besser an als Laschets Pannen und Baerbocks Peinlichkeiten.

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