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Baerbocks schwierige Mission
Die Außenministerin absolviert einen Crashkurs in Krisenmanagement. Dass Scholz Akzente anders setzt, darf die deutsche Außenpolitik nicht lähmen. Von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

Vor fast genau 50 Jahren erhielt Willy Brandt in Oslo den Friedensnobelpreis. Der Architekt der "neuen Ostpolitik" wurde damit für die Annäherung an Polen und die damalige Sowjetunion geehrt. Unter dem Motto: Wandel durch Annäherung beschritt der damalige Bundeskanzler einen Weg heraus aus der starren Logik des Kalten Krieges, die von Abschottung, Misstrauen und immer mehr Rüstung bestimmt war. Solche nahezu epochalen, weltverändernden außenpolitischen Schritte sind heute kaum noch zu erwarten. Und der neuen deutschen Bundesaußenministerin Annalena Baerbock täte man Unrecht, würde man sie am großen Vorbild Brandt messen. Die Zeiten heute sind andere als in der bipolaren, zweigeteilten Welt, die Herausforderungen sind es auch. Dabei absolviert die Außenministerin seit ihrer Vereidigung vor gerade mal einer Woche eine Art Crashkurs in Krisenmanagement und Realpolitik. Verliefen die Stippvisiten beim engen Partner Frankreich in Paris und bei der EU in Brüssel noch einigermaßen unaufgeregt, so blies ihr in Warschau bereits ein rauerer Wind ins Gesicht. Und beim Treffen der 27 EU-Außenminister musste sie lernen, dass es verdammt schwierig ist, sich in wichtigen konkreten Fragen auf einen gemeinschaftlichen Kurs zu verständigen. Das Graubrot der Diplomatie ist kein Marzipan. Auch innerhalb der EU-Gemeinschaft gibt es in bestimmten Fragen durchaus unterschiedliche Interessen, verschiedene Sichten, Nähe oder Distanz. Die Außenministerin muss, wie alle ihre Vorgänger in dem Amt, erkennen, dass in diesem wichtigen Polit-Job Ausdauer, Kompromisse schmieden, Netzwerken, aber auch mal eine klare Kante zeigen, enorm wichtig sind. Hehre außenpolitische Ziel aufzuschreiben ist das eine, sie auch umzusetzen, ist die viel schwierigere Seite der Medaille. Was Baerbocks außenpolitische Mission noch komplizierter macht, ist, dass sich der hohe politisch-moralische Anspruch der grünen Außenpolitik bisweilen hart an Realitäten stößt - und sei es nur an Vorgaben aus dem Bundeskanzleramt. Hier könnte es in der nächsten Zeit durchaus zu Hakeleien kommen. Das Umfeld von Olaf Scholz hat schon präventiv darauf verwiesen, dass der Kanzler auch die Richtlinien der deutschen Außenpolitik bestimme. Postwendend keilten die Grünen zurück. Man könnte das als Nebensächlichkeit abtun. Das ist es wohl auch. Allerdings dürfen unterschiedliche Akzente, die der Kanzler oder die Außenministerin setzen, nicht dazu führen, dass die deutsche Außenpolitik als gelähmt, nicht berechenbar, nicht bündnistreu und nicht verlässlich erscheint. Ein ähnliches Spannungsfeld tat sich einst zwischen Kanzler Gerhard Schröder und seinem charismatischen Vizekanzler und Außenminister Joschka Fischer auf. Diesen Zwist klärte der SPD-Mann seinerzeit klar und deutlich, indem er Fischer öffentlich die Rolle des Kellners, sich selber aber die des Kochs zuwies. Scholz sind solche Basta-Anwandlungen eigentlich fremd. Man sollte sich jedoch nicht täuschen, der so freundlich-verbindliche Kanzler kann auch anders. Ohnehin hat Baerbock mit den zig Krisenherden und den mehr oder weniger großen Konflikten auf der Welt alle Hände voll zu tun. Sie will zudem, was äußerst ehrgeizig und alle Mühen wert ist, den Schutz des Klimas zum übergreifenden Thema deutscher Außenpolitik machen. Dabei darf sie den Konflikt Ukraine-Russland, die Flüchtlinge an der polnisch-weißrussischen Grenze, Irans Atomprogramm, die Menschenrechte im Land der Olympischen Winterspiele, China, die Gaspipeline Nordstream 2 und vieles andere nicht aus den Augen verlieren. Es gibt weiß Gott einfachere Ministerämter als jenes, welches Baerbock übernommen hat.

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