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Frankreich votiert für Europa/Die Wiederwahl von Emmanuel Macron war kein glanzvoller Sieg, sondern vor allem die Verhinderung der Rechtspopulistin Marine Le Pen. Von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

Glanzvolle Siege sehen anders aus. Zwar ist dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron gestern die Wiederwahl für weitere fünf Jahre im Amt gelungen, doch sein Sieg trägt den Makel, dass er von vielen Franzosen nur als das kleinere Übel - im Vergleich zur Rechtspopulistin Marine Le Pen - gewählt wurde. In den fünf Jahren seiner ersten Amtszeit hat der einstige Banker, Sozialist und Begründer der Bewegung En Marche zwar vieles in Bewegung gebracht, doch die Probleme der Grand Nation sind nicht kleiner, sondern eher noch größer geworden. Zumindest jedoch, und das sorgt für Aufatmen von Berlin, Brüssel bis Washington oder Kiew, hat sich Frankreich mehrheitlich für Europa entschieden. Eine Wahl der Putin nahe stehenden Le Pen hätte dagegen die weitgehende Lähmung, Entmachtung, wenn nicht gar Zerstörung von EU und Nato bedeutet. Die besonders engen Beziehungen zu Deutschland etwa wollte die Chefin der rechten Rassemblement-National kappen, französische Soldaten aus Osteuropa abziehen, Sanktionen gegen Russland beenden. Und ein möglicher Nato-Beitritt von Finnland und Schweden würde wahrscheinlich an ihrem Veto scheitern. Le Pens Sieg wäre auch ein Triumph für Putin gewesen. Dieser ganze Horror ist dem Westen nun erspart geblieben. Dass einige europäische Regierungschefs, darunter auch Olaf Scholz, im Vorfeld der Wahl indirekt für Macron Wahlkampf gemacht haben, dürfte freilich nicht entscheidend für den Ausgang der jetzigen Stichwahl gewesen sein. Die ausländische Parteinahme für den Amtsinhaber, ohne allerdings dessen Namen in einem gemeinsamen Zeitungsartikel auch nur zu nennen, war vielleicht sogar Wasser auf die Mühlen der Rechtspopulistin, die sich in der Rolle der Kämpferin gegen die Etablierten und westeuropäischen Eliten gefällt. Zugleich zeigen die Zugewinne Le Pens, wie zerrissen Frankreich nach fünf Jahren der Präsidentschaft Macrons ist. Der einstige Investmentbanker gilt vielen Französinnen und Franzosen als "Präsident der Reichen". Die Kluft zwischen Arm und Reich ist größer geworden, die Integration von Millionen Zugewanderten bleibt ein riesiges Problem. In zahlreichen Vorstädten der großen Metropolen brodelt es. Und viele Franzosen wissen einfach nicht mehr, wie sie über die Runden kommen sollen, wie sie steigende Mieten und Preise bezahlen können. Zudem drücken die Folgen der Corona-Krise auf Wirtschaft und Wohlstand. Die Proteste der "Gelbwesten" waren offenbar nur die gewalttätige Spitze eines Eisberges des Unmuts. Macron, der im Wahlkampf höhere Renten, mehr Klimaschutz und Windkraft, aber auch neue Atomreaktoren versprochen hatte, muss nun endlich liefern. Zugleich ist der wiedergewählte Präsident ein wichtiger Pfeiler von EU und Nato im Ukraine-Krieg Putins. Macron hält, wie auch Kanzler Scholz, weiterhin Kontakt zum Kriegsverbrecher in Moskau - mit wem im Kreml soll man sonst auch reden? Auch militärisch ist die Atommacht Frankreich ein bedeutender Faktor. Zudem ist Paris wirtschaftlich nicht so abhängig von Russlands Energielieferungen wie Deutschland. Das verschafft Macron mehr Beinfreiheit im Auftreten gegenüber dem Kremlherrscher als sie etwa der deutsche Kanzler hat, der immer noch um die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine wortreich herumdruckst. So oder so kann mit Macron im Elysee-Palast die erfolgreiche, aber nicht immer konfliktfreie Geschichte deutsch-französischer Zusammenarbeit fortgeschrieben werden, die einst Charles de Gaulle und Konrad Adenauer begonnen hatten. Mit Marine Le Pen wäre diese Erfolgsgeschichte zweier ehemaliger Kriegsgegner und Nachbarländer abrupt beendet worden. Die Franzosen haben jetzt knapp, aber klug gewählt.

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