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Die Mär von der sicheren Rente
Die Politik verspricht konstante Beiträge und ein stabiles Rentenniveau. Statt das System zu reformieren, wurstelt die Bundesregierung weiter. Von Gerd Schneider

Regensburg (ots)

Die schlechte Nachricht zuerst: Die gesetzliche Rentenversicherung genießt bei den jungen Menschen noch immer Vertrauen. Wie der Sozialforscher Klaus Hurrelmann in einer neuen Jugendstudie unter 14- bis 25-Jährigen herausfand, glauben die meisten daran, dass auf die staatliche Alterssicherung noch dann Verlass ist, wenn sie dereinst selbst in den Ruhestand gehen. Besonders Olaf Scholz wird das freuen. Schließlich war das im vergangenen Jahr eine seiner zentralen Wahlkampfbotschaften. Er versprach, das Rentenniveau stabil zu halten und zugleich das Renteneintrittsalter nicht zu erhöhen - und zwar über Jahrzehnte. Offenbar schenkt man den Rentenversprechen der Politik Glauben. Doch das ist ein Fehler. Die Wahrheit ist, dass unser Rentensystem ohne die Alimentierung durch den Staat schon heute nicht mehr richtig funktionieren würde. Jährlich fließen 100 Milliarden an Steuereinnahmen in das System. Die Schieflage wird zunehmen, manche Wissenschaftler sagen: dramatisch zunehmen. Der Grund ist bekannt. Zwischen 2025 und 2040 kommt die Generation der Baby-Boomer ins Rentenalter. Millionen wechseln in den Ruhestand, während immer weniger junge Beitragszahler nachrücken. Und weil die Lebenserwartung immer weiter steigt, müsste der Staat immer mehr Geld in das System pumpen, um die Beiträge und das Rentenniveau wie versprochen stabil zu halten. Seriösen Berechnungen zufolge würden im Jahr 2050 die Zuschüsse in die Rente 60 Prozent des gesamten Bundeshaushalts aufzehren. Früher oder später wird die Politik gezwungen sein, das Rentensystem umzubauen. Je länger sie damit wartet, umso stärker belastet sie die junge Generation. Ungeschminkt formuliert: Die Alten leben auf Kosten der Jungen. Diese werden immer tiefer in die Tasche greifen müssen, um das Rentenniveau konstant zu halten. Ebenso gehört zur Wahrheit, dass sich die Beitragszahler auf ein höheres Renteneintrittsalter einstellen müssen. Bei 67 Jahren wird es jedenfalls nicht bleiben. Umso grotesker, dass die Bundesregierung noch 2014 die Rente mit 63 für langjährig Versicherte eingeführt hat. Trotz allem wird es auch weiter Wege geben, früher in Rente zu gehen. Kein Gesetz verbietet es, jenseits vom Staat fürs Alter vorzusorgen. Und damit wären wir bei der guten Nachricht. Wie die Jugendstudie zeigt, wächst bei jungen Erwachsenen die Bereitschaft, Geld langfristig am Kapitalmarkt anzulegen, sprich: in Aktien und Fonds. Auf Betreiben der FDP hat es der Begriff der Aktienrente sogar in den Koalitionsvertrag der Bundesregierung geschafft. Die Idee dahinter ist, mit einem kleinen Kapitalstock den Einstieg in ein Rentenmodell auf Basis von Wertpapier-Investments zu schaffen. Länder wie Schweden oder Norwegen sind Deutschland da weit voraus. Manche halten das Projekt Aktienrente der Bundesregierung ohnehin eher für ein Feigenblatt. Tatsächlich ist es darum zuletzt auffallend still geworden. Man sollte nicht zu optimistisch sein, ob es in absehbarer Zeit zu einem großen Wurf bei der Erneuerung des Rentensystems kommt. Für harte Reformen, wie einst Schröders Agenda 2010, fehlt der ermatteten Republik die Kraft. Stattdessen macht Rot-Grün-Gelb bei der Rente einfach da weiter, wo die Regierung Merkel aufgehört hat: Sie wurstelt weiter.

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