Siesta in Deutschland - der verordnete Kulturwechsel?
Kommentar von Olaf Kupfer
Wuppertal (ots)
Siesta in Deutschland, stundenlang geschlossene Läden am Mittag, Arbeitsniederlegungen im körperlichen Hochfrequenzbereich in Vielzahl, dafür früher anfangen und später aufhören mit der Arbeit - was dieser Tage wie eine mäßig gute Sommerloch-Geschichte klingt, ist durchaus einen Gedanken wert. Denn von den Temperaturen in Südeuropa - die Siesta feiert ihren Ursprung und ihre ausgeprägteste Form in Spanien - sind wir dank Klimawandel in Deutschland nicht mehr weit entfernt. Selbst wenn Temperaturen über 40 Grad wie derzeit in Rom oder auf Sardinien hier noch Seltenheit sind. Aber: Schon Flora und Fauna passen sich in Deutschland sichtbar mit neuen Arten und hitzebeständigeren Variationen an veränderte klimatische Verhältnisse an. Wieso nicht auch der Mensch?
Es gäbe Argumente: Allein die Gesundheitskosten für die Gesellschaft steigen, wenn ohne Unterlass bei Hitze der Sonnenexposition gefrönt wird: Sonnenbrand, Sonnenallergie, Hautkrebs, Kreislaufprobleme, Hitzeschläge - die Liste ließe sich reichhaltig verlängern. Ganz abgesehen davon, dass in vielen Berufen bei exorbitanter Hitze im wahrsten Sinne des Wortes kein gescheiter Handschlag mehr zu machen ist: Bauarbeiter auf der Straße, Bauern im Feld, sie alle sollten sich schon der Vernunft halber in der Mittagshitze ein eher schattiges Plätzchen suchen - und ihre eigene Siesta halten. Denn zur Wahrheit gehört: Die Wahrscheinlichkeit für eine politische Siesta-Regelung ist verschwindend gering. Es müsste ein gesamter Kulturwandel verordnet werden, der in Südeuropa gewachsen, aber in Deutschland nie erlebt worden ist. Dazu müsste eine angepasste gesellschaftliche Infrastruktur her von Schulen, Kitas und Verkehrstaktung, um nur drei von zahllosen Beispielen zu nennen. Nein, dieses Fass wird ganz sicher nicht aufgemacht, weil schon mehr Flexibilität der Arbeitgeber helfen könnte, während der Bundestag existenziellere Reformen vor der Brust hat. Und - nebenbei gesagt - gerade Siesta hält. Und erst dann wieder die Arbeit aufnimmt, wenn das Thema dank milderer Temperaturen kein drängendes mehr ist.
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