Die Schere zwischen Nachfrage und Angebot klafft immer weiter auseinander - Büro-Vermietungsmarkt in den Big 7 auch zur Halbzeit des Jahres dynamisch
Frankfurt (ots)
Die deutsche Wirtschaft ist auch zum Ende des zweiten Quartals in einer guten Verfassung und setzt ihren Höhenflug fort. Die Unternehmen beurteilen ihre aktuelle Lage immer noch sehr gut - der Ifo-Geschäftsklimaindex stieg im Juni weiter von 114,6 auf 115,1 Punkte und überbot damit den Rekordwert des Vormonats. Gleichzeitig sank die Arbeitslosenquote mittlerweile auf die Hälfte des Wertes in 2005. Auch in punkto Erwartung hat sich die Stimmung auf den deutschen Chefetagen wieder verbessert, der Aufschwung sollte sich insofern auch 2017 fortsetzen. Was noch zu Beginn des Jahres zu potenziell "disruptiven" Brandherden erklärt wurde, wie die Wahlen in den Niederlanden und Frankreich, Brexit, Populismus und Abschottung, hat sich zumindest relativiert.
"Die Entwicklungen der letzten Monate machen deutlich, dass politische Ereignisse kurzfristig für Verwerfungen oder Unsicherheit sorgen können, langfristig die fundamentalen Fakten aber die entscheidende Rolle spielen. Und diese stellen sich mit weiter niedrigen Zinsen, fallenden Ölpreisen und den zum US-Dollar unterbewerteten Euro nach wie vor günstig für die heimische Wirtschaft dar und sie befeuern sowohl den Export als auch die Kaufkraft der Verbraucher. Eine Aufhellung der Konjunktur im Euroraum kommt dazu, insbesondere in den Schwergewichten Frankreich und Spanien, so dass mögliche und weiter vorhandene Risiken derzeit ausgeblendet werden und keine Chance haben, sich nachhaltig zu entfalten", so Timo Tschammler, CEO JLL Germany.
Tschammler weiter: "Niedrige Zinsen gepaart mit positiven Wachstumsraten - ein Szenario, das man in dieser Form und zumindest über einen solch langem Zeitraum in keinem Volkswirtschaftslehrbuch findet. Da liegt es nahe, warnend den Finger vor einer Wende oder gar einem Absturz zu heben. Und angesichts der durchaus nach wie vor vorhandenen globalen Risiken mag man geneigt sein, dieser Warnung zuzustimmen. Selbst wenn es freilich Korrekturen geben sollte, rezessive Tendenzen sind aktuell weit und breit nicht in Sicht und so bleibt auch für die deutschen Büro-Vermietungsmärkte die Gemengelage insgesamt weiterhin positiv."
Nachfrage auf deutschen Büromärkten mit 1,84 Mio. Quadratmeter auf hohem Niveau
Auch im zweiten Quartal haben sich alle zum Jahresauftakt festgestellten Trends und Entwicklungen bestätigt. Die Zeichen bei den meisten Unternehmen stehen nach wie vor auf Expansion, gepaart mit der Suche nach einer Verbesserung der aktuellen Büroausstattung. "Immer öfter und immer drängender stehen neue Arbeitsplatzkonzepte, die dem Wunsch der Mitarbeiter nach mehr Flexibilität nachkommen, im Vordergrund der Umzugsentscheidungen. Und die aktuell gute wirtschaftliche Lage und die guten Perspektiven befördern diesen Perspektivwechsel in den Unternehmen. Die Arbeits- und Bürofläche ist dabei nicht mehr nur Kostenfaktor, sondern Teil einer nachhaltigen Strategie zur Mitarbeitermotivation, -gewinnung und zur Steigerung der Produktivität", betont Timo Tschammler.
Ein Spiegelbild dieses Veränderungsprozesses in der Arbeitswelt sind die Anbieter von Co-Working Flächen. Vor allem in Hamburg und München haben sich diese im Verlauf des Jahres sehr expansiv gezeigt. Mindspace, WeWork und Co haben aber auch für die anderen Städte zahlreiche Standortpläne, so dass von Seiten dieser Nutzergruppe auch in der zweiten Jahreshälfte eine hohe Nachfrage ausgehen wird. Limitierend auf potenzielle Flächenwechsel wirkt jedoch immer stärker das Angebot, das sich in allen Städten weiter verknappt. "Längst nicht alle Umzugspläne können also realisiert werden", so Tschammler. Der Umsatz in den Big 7 von 1,84 Mio.m² am Ende der ersten sechs Monate bewegt sich zwar auf dem sehr hohen Niveau des Vorjahres, zeigt sogar ein um mehr als 17 % höheres Volumen als der 5-Jahreschnitt der jeweils ersten Halbjahre 2012-2016. "Das Potential ist aber eigentlich größer, gäbe es mehr Flächenauswahl", ergänzt Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany.
Erfreulich auch die Entwicklung bei den großen Vertragsabschlüssen jenseits der 10.000 m². Summierten sich insgesamt 12 Deals dieser Größenordnung im Vergleichszeitraum des Vorjahres auf knapp 229.000 m², so sind es 2017 16 Abschlüsse mit immerhin 375.000 m². Zusammen kommen sie auf über 20 % des gesamten Quartalsumsatzes.
In der geographischen Analyse hat es im Vergleich zu den ersten drei Monaten des Jahres nur geringfüge Veränderungen gegeben. München bleibt mit einem Umsatzvolumen von ca. 418.000 m² auf Platz eins, vor Berlin mit gut 397.000 m². Und während die Statistik in München im 1-Jahresvergleich ein Plus von fast 8 % ausweist, reduzierten sich in der Hauptstadt die Vermietungen und Eigennutzungen um knapp 10 %. "Dies sollte aber nicht überbewertet werden. Das absolute Volumen ist nach wie vor sehr hoch und zeugt von einem anhaltend dynamischen Büromarkt", betont Scheunemann.
Die beste 12-Monats-Performance zeigte am Ende des ersten Halbjahres wieder Hamburg. In der Hansestadt legte der Umsatz um 19 % auf 300.000 m² zu. Ebenfalls im Plus notierten Düsseldorf mit 9 % und Stuttgart mit 7 %. Köln ist neben Berlin die Hochburg mit einem rückläufigen Umsatzvolumen; in der Dommetropole am Rhein fällt der Vergleich mit dem Vorjahr mit 29 % sogar recht kräftig aus. Und Frankfurt? Der Vermietungsmarkt in der Bankenmetropole kommt so langsam wieder in Schwung. Aus dem Minus im ersten Quartal ist im Verlauf der Monate April bis Juni ein Plus von knapp 8 % geworden. "Echte Brexit-Effekte im Sinne von Neuanmietungen haben sich auch im zweiten Quartal noch nicht eingestellt", so Scheunemann. Es bleibe also augenblicklich noch bei vielen Spekulationen, Unsicherheiten und Hoffnungen.
"Auch im zweiten Halbjahr 2017 sollte die Dynamik am deutschen Büromarkt anhalten. Wir rechnen mit einem weiteren positiven Schub für die Nachfrageentwicklung der sieben deutschen Immobilienhochburgen. Auf Basis des aktuellen Umsatzvolumens und der noch anstehenden konkreten Anfragen im Markt erhöhen wir unsere Prognose für das Gesamtjahr. Ein Ergebnis von 3,5 - 3,7 Mio. m² erscheint aus heutiger Sicht erreichbar", unterstreicht Timo Tschammler. Und weiter: "Die gute Konjunktur und das Volumen auslaufender 10-Jahres-Mietverträge aus dem Boomjahr 2007 ließe sicherlich ein noch höheres Volumen zu, aber das knappe Angebot zwingt viele Unternehmen, Vertragsverlängerungen in Bestandsflächen zu akzeptieren oder verlängert den gesamten Suchprozess, so dass es entsprechend zu zeitlichen Verschiebungen von Mietvertragsabschlüssen kommt."
Leerstand sinkt deutlich weiter - Mangel an Neubauflächen bleibt markant
Der Büroflächenleerstand ist in allen Big 7- Märkten auch im 2. Quartal weiter gesunken und liegt bei 4,7 Mio. m². Dies entspricht einer Leerstandsquote von 5,1 %. "Der Abbau von kurzfristigen Anmietungsoptionen für Unternehmen schreitet weiter und mit erhöhter Dynamik voran. So hat sich das Angebot dieser kurzfristig verfügbaren Flächen innerhalb der letzten 12 Monate um weitere fast 777.000 m² reduziert. Wenn dieses Tempo beibehalten wird, wird in Kürze die 5 %-Marke beim Leerstand unterschritten", so Scheunemann. Der offensichtlichste Flächenmangel zeigt sich nach wie vor in Stuttgart. Am Neckar haben sich die Leerstände im 12-Monatszeitraum um 29 % reduziert, die Leerstandsquote ist weiter auf 3,1 % zurückgegangen. Neubauflächen sind faktisch derzeit kaum vorhanden. "Die Schwabenmetropole steht nur exemplarisch für die anderen Hochburgen. Stetiges Umsatzwachstum und sinkendes Neubauvolumen, das passt auf Dauer einfach nicht zusammen und führt zu teilweise gravierenden Nachteilen für die Wirtschaftsperformance einer Stadt", so Tschammler.
Über alle sieben Hochburgen hinweg wurden im ersten Halbjahr etwas über 400.000 m² Bürofläche fertiggestellt, ein Minus von fast 20 % gegenüber dem ersten Halbjahr 2016. Dabei zeigen sich deutliche regionale Unterschiede. In Berlin hat sich das Neubauvolumen vervierfacht, in Düsseldorf stieg es um über 70 % an. Dennoch sanken auch in diesen beiden Städten die Leerstände. In den ersten sechs Monaten waren es in den Big 7 nur noch 69.000 m² (17% vom Fertigstellungsvolumen), die übrigen Flächen wurden für Eigennutzer errichtet oder waren bei Fertigstellung bereits vermietet. Immerhin sollen bis Ende 2017 weitere 602.000 m² neue oder umfassend sanierte Büroflächen neu auf den Markt kommen. Etwas über 203.000 m² (rund ein Drittel) sind davon aktuell noch frei. "Auch für 2018 rechnen wir mit einer Flächenpipeline in ähnlicher Größenordnung wie 2016 und 2017. Auf den akuten Angebotsmangel können umzugswillige Unternehmen nur insofern reagieren, indem sie sich bereits jetzt Flächen in Projektentwicklungen sichern. Mittlerweile reichen diese Vorvermietungen bereits bis ins Jahr 2020 hinein", betont Helge Scheunemann.
Druck auf die Spitzen- und Durchschnittsmieten hält an
Im Vergleich zum ersten Quartal 2017 haben die Spitzenmieten in Hamburg, München und Stuttgart in den Monaten April bis Ende Juni nochmals leicht angezogen, jeweils um 50 Cent. Für die übrigen vier Hochburgen haben sich die Mieten auf ihrem jeweiligen Stand eingependelt. In der 12-Monats-Betrachtung konnten die Berliner Spitzenmieten um fast 10 % zulegen, in Stuttgart ging es um mehr als 7 % rauf, Hamburg und München verzeichneten ein Plus von jeweils 4 %. Keine Veränderung gab es in Köln und Düsseldorf, in beiden Rheinstädten verharrte die Spitzenmiete auf ihrem Vorjahresniveau. Insgesamt wird bis Ende des Jahres mit einem weiteren Anstieg der Mieten gerechnet.
Der JLL-Spitzenmietpreisindex für die Big 7 hat nach den ersten sechs Monaten 192,4 Punkte erreicht und damit den höchsten Wert seit dem ersten Quartal 2002. Für die erste Jahreshälfte ergibt sich damit ein Plus von 1,4 %. Der weitere Leerstandsabbau lässt die Nettoabsorption auf Jahressicht auf 900.000 m² ansteigen, in der Folge könnte bei den Büromieten über alle Hochburgen hinweg bis Jahresende ein Wachstum von 2,7 % zu notieren sein. Damit schlüge für das Gesamtjahr 2017 ein Plus von 4,1% gegenüber 2016 zu Buche.
In der gleichen Größenordnung erwarten wir ein Gesamtjahreswachstum bei den Durchschnittsmieten.
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