Wohninvestmentmarkt mit hoher Anzahl an Transaktionen
Erste Beeinträchtigungen aber spürbar
Frankfurt (ots)
Ein Megadeal hat den deutschen gewerblichen Wohninvestmentmarkt* im ersten Quartal 2020 auf ein Transaktionsvolumen von 9,7 Mrd. Euro und 78.800 Wohneinheiten gehievt. Mit der bereits im alten Jahr angekündigten und nun erfolgten Übernahme der Adler Real Estate durch die israelische Ado Properties S.A formiert sich ein weiterer großer Wohnungsmarktakteur, der national tätig ist. Mit 6 Mrd. Euro und 58100 Wohn- und Gewerbeeinheiten machte diese Transaktion allein 62 Prozent am Gesamtvolumen aus und führte damit zu einem Ergebnis, das lediglich vom Rekordjahr 2015 (11 Mrd. Euro) übertroffen wurde. Dass bereits jetzt fast die Hälfte des Transaktionsvolumens des gesamten Vorjahres erzielt wurde, der Vergleich mit den 1-, 5- und 10-Jahresresultaten der jeweils ersten Quartale sehr überaus positiv ausfällt (Q 1 2020: + 143 %, + 75 % und 144 %) kann sicherlich nicht für die folgenden Quartale fortgeschrieben werden. In Folge der globalen Ausbreitung von Covid-19 sind auch für den deutschen Wohnungstransaktionsmarkt erste Beeinträchtigungen mit Kapazitätsengpässen und organisatorischen Einschränkungen zu beobachten.
Dr. Konstantin Kortmann, Member of the JLL Strategy Board und Head of Residential Investment Germany: " Erfreulich, zumindest bis Corona die Aktivitäten der Investoren hat zurückfahren lassen, war die hohe Anzahl an Abschlüssen - ein Beleg für die bis Mitte März hohe Dynamik. Mit über 120 Abschlüssen lag sie deutlich über denen des Vorjahres. Neben der zweitgrößten Transaktion, dem Ankauf von 2.900 Einheiten der ZBI durch Ares Management, einem börsennotierten amerikanischen Vermögensverwalter, prägten allerdings Engagements im kleinen bis mittleren Segment mit bis zu maximal 800 Wohneinheiten das Marktgeschehen."
Die kommunalen, gemeinnützigen Wohnungsgesellschaften konnten sich beim Nettoaufbau des Bestands mit insgesamt knapp 390 Mio. Euro auf dem zweiten Platz positionieren. Sie liegen damit hinter den Asset/Fonds Managern mit 430 Mio. Euro und vor den Immobilienunternehmen mit 370 Mio. Euro.
Auch für den Blick auf die Verteilung deutsche/ausländische Investoren sind die beiden größten Abschlüsse entscheidend: denn die vor allem haben im ersten Quartal 2020 den Anteil internationaler Investoren auf 69 Prozent ansteigen lassen, gegenüber dem Fünfjahresschnitt (23%) ein deutlicher Zuwachs. Insbesondere floss Kapital von Investoren aus Israel (6 Mrd. Euro), der USA (310 Mio. Euro), Schweden (140 Mio. Euro) und Großbritannien (130 Mio. Euro) in den deutschen Wohninvestmentmarkt. Die in Deutschland beheimateten Investoren kamen auf einen Anteil von ca. 31 Prozent.
Im ersten Quartal 2020 bleibt der Berliner Markt mit einem Transaktionsvolumen von ca. 550 Mio. Euro der wichtigste deutsche Wohninvestment-Standort, gefolgt von Frankfurt am Main (470 Mio. Euro) und München (450 Mio. Euro). Insgesamt entfielen 19 Prozent der Transaktionsvolumens auf acht Märkte (Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Frankfurt, Köln, Leipzig, München, Stuttgart) oder das zugehörige Umland. Mit einem Rückgang von rund 16 Prozent im Vergleich zum Vorquartal lag der mittlere Preis der Bestandsobjekte bei rund 1.860 Euro/m²; dies spiegelt sich entsprechend im Rückgang der Investitionen in den Big 8 wider. Bei den Projektentwicklungen wurden fast 4.500 Euro/m² gezahlt, entsprechend einem leichten Rückgang von rund 6 Prozent.
Aufgrund der zunehmenden Liquiditätsengpässe und der deutlich eingetrübten Konjunkturaussichten hat die europäische Zentralbank ein Notkaufprogramm im Umfang von 750 Mrd. Euro erlassen. Damit wird die Zentralbank aber nicht nur Staatsanleihen, sondern erstmals auch Unternehmensanleihen kaufen. "Unsere Einschätzung von Anfang des Jahres, dass 2020 maßgeblich durch den Wettbewerb der Finanzinvestoren im Niedrigzinsumfeld geprägt sein wird, wird sich weiter verschärfen", sagt Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany. Konstantin Kortmann ergänzt: "Die gestiegene Renditedifferenz zu Anlagealternativen könnte die Nachfrage nach Sachwerten verschärfen. Haben in den vergangenen Jahren bereits tendenziell risikoaverse Investoren, wie deutsche Versicherungen und Pensionsfonds, ihren Anteil an Immobilieninvestitionen zunehmend erhöht, ist in dieser Marktlage ein weiterer Nachfrageanstieg von Seiten institutioneller Investoren zu erwarten. Insbesondere Wohnimmobilien, die aufgrund ihrer sehr stabilen Cashflows als sehr defensive Assetklasse gelten und damit zum Risikoprofil dieser Investorengruppe passen, könnten im Laufe des Jahres wieder einen deutlichen Anstieg in der Nachfrage erfahren". Erweise sich die Assetklasse im Laufe dieser Krise als tatsächlich widerstandsfähiger, würde das die Nachfrageverschiebungen zusätzlich verstärken und könnte auch wieder vermehrt liquide Privatanleger auf den Plan rufen. Konstantin Kortmann: Der schlussendliche Einfluss auf die Entwicklung des Transaktionsgeschehens wird maßgeblich davon geprägt sein, wie lange die Phase der Unsicherheit anhält und inwieweit die politischen Maßnahmen den wirtschaftlichen Einbruch, insbesondere auf Seiten der Privathaushalte und Unternehmen, abdämpfen können. Helge Scheunemann ergänzt: "Wohnen stellt als Konsumgut ein Grundbedürfnis dar und hat damit besonders beständige inhärente Eigenschaften, sodass auch für das Risikoprofil der Assetklasse langfristig keine Veränderung zu erwarten ist."
*Verkauf von Wohnungspaketen und Studentenheimen mit mindestens 10 WE und 75 % Wohnnutzung sowie der Verkauf von Unternehmensanteilen mit Übernahme einer Kontrollmehrheit ohne Börsengänge
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