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Landesanstalt für Medien NRW

Neue LfM-Studie zeigt Perspektiven journalistischer Arbeitsweisen im Internetzeitalter
Journalistische Online-Recherche auf dem Prüfstand: Qualitätssteigerung notwendig

Berlin/Düsseldorf (ots)

Das Internet fordert den wichtigsten
Bereich journalistischer Arbeit heraus: Die Qualität der Recherche 
steht online wie offline auf dem Prüfstand; eine Steigerung der 
Qualität ist hier notwendig. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue 
Studie der Landesanstalt für Medien NRW (LfM). Mit der breit 
angelegten Untersuchung wird erstmals großflächig das Thema 
Online-Recherche in deutschen Zeitungs-, Fernseh-, Hörfunk- und 
Internetredaktionen unter die Lupe genommen. Im Rahmen einer 
hochkarätig besetzten Tagung im Haus der Bundespressekonferenz in 
Berlin forderten führende Journalisten aller Mediengattungen eine 
offensive Auseinandersetzung mit dem Thema.
Die Recherche im Internet gewinnt für Journalisten zunehmend an 
Bedeutung. Insbesondere die Schnelligkeit der Informationsbeschaffung
und die Vielfalt der Informationen bieten erhebliche Vorteile. Doch 
aus veränderten Rahmenbedingungen in Redaktionen erwachsen auch 
Risiken und Qualitätsmängel. Eine Überprüfung von Online-Quellen 
findet nur selten statt. Und: Journalisten greifen bei ihrer 
Recherche im Netz vornehmlich auf andere journalistische Erzeugnisse 
zurück anstatt auf Primärquellen wie etwa Websites von politischen, 
wissenschaftlichen oder kulturellen Einrichtungen.
Man schreibt also sprichwörtlich voneinander ab. Prof. Dr. Marcel 
Machill von der Universität Leipzig, der die Studie "Journalistische 
Recherche im Internet" im Auftrag der Landesanstalt für Medien NRW 
(LfM) geleitet hat, beobachtet in diesem Zusammenhang eine 
gesteigerte Selbstreferentialität im Journalismus: "Computergestützte
Recherche macht es den Medienschaffenden noch einfacher, schnell 
nachzuschauen, was die Kollegen zu einem aktuellen Thema erarbeitet 
haben."
Gemeinsam mit seinem Team vom Lehrstuhl für Journalistik II hat er
insgesamt 34 Medienangebote (Tageszeitungen, öffentlich-rechtliche 
und private Hörfunk- und TV-Sender, redaktionelle Onlineangebote) 
untersucht. Über 600 Journalisten wurden bundesweit schriftlich 
befragt und 235 Journalisten bei ihrer Arbeit beobachtet. Am Montag, 
23. Juni, wurden die Studienergebnisse bei der LfM-Tagung im Haus der
Bundespressekonferenz erstmals öffentlich präsentiert.
Google hat auch bei Journalisten eine Vormachtstellung
Das Telefon ist nach wie vor das wichtigste Rechercheinstrument 
der Journalisten. Doch gerade bei der Ermittlung von Zusatzquellen - 
wenn Journalisten also das auf ihren Schreibtisch eingehende Material
erweitern wollen - kommen die Suchmaschinen im Internet zum Einsatz. 
Und hier dominiert auch bei den Medienschaffenden eindeutig Google 
den Markt. Wer bei Google beispielsweise zu einem aktuellen 
journalistischen Thema als Experte unter den ersten zehn Treffern 
gelistet wird, hat größte Chancen, wiederum von Journalisten 
interviewt zu werden. Die Suchmaschine kanalisiert also auch bei den 
professionellen Kommunikatoren die Aufmerksamkeit. Die befragten 
Redakteure sehen indes die Dominanz des privaten 
Suchmaschinenanbieters Google überwiegend pragmatisch: Sie sind sich 
möglicher Probleme bewusst, greifen aber weiterhin auf die 
marktführenden Angebote zurück, statt alternativ in Eigeninitiative 
unabhängige Quellen zu recherchieren. Dafür werden hauptsächlich 
strukturelle Gründe (personelle Engpässe und Zeitmangel im 
Redaktionsalltag) verantwortlich gemacht.
"Unsere Pilotstudie 'Journalistische Recherche im Internet' 
verweist auf einen prekären Sachverhalt", sagte LfM-Direktor Prof. 
Dr. Norbert Schneider. "Die Medienunternehmen müssen ein hohes 
Eigeninteresse daran haben, dass ihre Nachrichten sauber recherchiert
sind - auch wenn sie auf Online-Recherche beruhen. Schließlich geht 
es hier um ein hohes Gut der Medien: nämlich ihre Glaubwürdigkeit, 
die man in der Regel nur einmal verlieren kann." Schneider betonte 
mit Blick auf Journalisten und ihre Arbeitsweisen, dass 
selbstverständlich klassische journalistische Standards weiterhin 
eingehalten werden müssen. Er forderte Unternehmen auf, die dafür 
unverzichtbaren Arbeitsbedingungen auch vorzuhalten.
Handlungsempfehlungen für die Praxis
Die LfM-Studie formuliert vor diesem Hintergrund spezielle 
Handlungsempfehlungen, z. B. das Berufsbild des 
Dokumentationsjournalisten zu fördern. Im anglo-amerikanischen 
Bereich sind die so genannten "fact-checkers" in vielen Redaktionen 
Standard. Bei der journalistischen Aus- und Fortbildung, so eine 
weitere Empfehlung der Studie, müsse Recherchekompetenz verstärkt in 
den Fokus gerückt werden.
Auch die Überlegung einer genossenschaftlich finanzierten, 
verlässlichen und unparteiischen Suchmaschinentechnologie wurde auf 
der hochkarätig besetzten LfM-Medientagung in Berlin diskutiert. Zu 
den Panelteilnehmern zählten Peter Kloeppel (Chefredakteur RTL), Jörg
Sadrozinski (Redaktionsleiter tagesschau.de), Detlef Noormann 
(Geschäftsführer und Programmdirektor Berliner Rundfunk), Lorenz 
Maroldt (Chefredakteur "Der Tagesspiegel"), Thomas Leif (Vorsitzender
Netzwerk Recherche), Volker Hummel (Initiative Qualität im 
Journalismus) u. a.
Bibliographische Angaben:
Marcel Machill, Markus Beiler, Martin Zenker:
Journalistische Recherche im Internet.
Bestandsaufnahme journalistischer Arbeitsweisen in Zeitungen, 
Hörfunk, Fernsehen und Online
Berlin: Vistas 2008, Schriftenreihe Medienforschung der 
Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen, Band 60, 406 Seiten.
ISBN 978-3-89158-480-4. 23,- Euro
Die Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der LfM-Studie ist 
auf der Homepage www.lfm-nrw.de abrufbar.

Pressekontakt:

Dr. Peter Widlok, Telefon (0211) 7 70 07 - 1 41

E-Mail: pwidlok@lfm-nrw.de
Die LfM im Internet: www.lfm-nrw.de

Original-Content von: Landesanstalt für Medien NRW, übermittelt durch news aktuell

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