Extremismus-Experten im stern-Interview zur Reichsbürgerszene: "Da draußen gibt es weitere, ähnliche Terrorzellen"
Hamburg (ots)
Extremismus-Experten warnen nach der Reichsbürger-Razzia vergangene Woche vor weiteren radikalen Gruppen mit Umsturzplänen. "Da draußen gibt es weitere, ähnliche Terrorzellen", sagt Andrea Röpke im Interview mit dem stern. "Die Festgenommenen stellen einen ganz kleinen Bruchteil der radikalen Reichsbürgerszene dar." Die Journalistin und Autorin beobachtet die rechtsextreme Szene seit Jahrzehnten.
Früher sei es den Reichsbürgern um die Verteidigung ihrer Ländereien gegangen, so Röpke. Heute würden sie mit Umsturz-Gedanken Sympathisanten über unzählige Telegram-Kanäle anlocken. "Jetzt geht es um Angriff." Unter den Augen der Behörden habe sich die Reichsbürgerszene seit Beginn der Corona-Pandemie "unheimlich radikalisiert". Das liege zum großen Teil an der Vernetzung mit der Querdenkerszene. Die Reichsbürger hätten sich nicht mehr als Einzelkämpfer gefühlt. "Das scheint zu einem Gefühl der Ermächtigung geführt zu haben", sagt Röpke. Durch die Vernetzung mit Querdenkern und der AfD sei ein "riesiges, radikales Netzwerk" entstanden.
Das Bundesinnenministerium schätzt die Zahl von Reichsbürgern in Deutschland derzeit auf etwa 23.000. Andreas Speit, Journalist und renommierter Rechtsextremismus-Experte, vermutet im selben stern-Interview jedoch ein Dunkelfeld - weil die Reichsbürger heute als gefährlich eingestuft werden, würden sich viele nicht mehr zu erkennen geben. Auch die Struktur der Szene hat sich dem Experten zufolge verändert. "Im klassischen Reichsbürgermilieu hatten wir bislang vor allem ältere Männer. Durch die Öffnung zur Querdenkerbewegung werden es immer mehr Frauen. Das Durchschnittsalter sinkt."
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