Umstrittenes Atomprojekt K2R4 noch unsicherer als Temelin
Greenpeace fordert Verschiebung der anstehenden Entscheidung über Kreditvergabe
Hamburg (ots)
Die beiden ukrainischen Atomkraftwerke Khmelnitzky 2 und Rowno 4 (K2R4), die mit Hilfe von westlichen Geldern fertig gebaut werden sollen, sind noch unsicherer als bisher angenommen. Darüber hinaus wurde die Wirtschaftlichkeitsberechnung für die beiden Reaktoren, die den Unglücksreaktor von Tschernobyl ersetzen sollen, zum zweiten Mal gefälscht. Dies ist das Ergebnis zweier Studien, die Greenpeace heute vorstellte.
"Das Projekt K2R4 ist hoch gefährlich und auf Teufel komm raus schön gerechnet worden," sagt Veit Bürger, Energieexperte bei Greenpeace. "Die Grundlage für eine vernünftige Entscheidung über westliche Kredite ist nicht gegeben." Greenpeace fordert die Bundesregierung deshalb auf, bei der Osteuropabank (EBRD) darauf hin zu wirken, die am 7. Dezember anstehende Entscheidung über K2R4 zu verschieben.
Das Wiener Institut für Risikoforschung fand heraus, dass K2R4 sogar gefährlicher ist als das neu in Betrieb genommene tschechische Atomkraftwerk Temelin, dessen Sicherheitsstandard europaweit scharf kritisiert wird. Die Studie, die im Auftrag der österreichischen Regierung erstellt wurde, sieht neben den schon bekannten Konstruktionsmängeln und dem nicht ausreichenden Schutz gegen Erdbeben vor allem eine Gefahr: Die Reaktoren sollen in Betrieb genommen werden, ohne dass wichtige Nachrüstungen, die die Sicherheit des Kraftwerks erhöhen, sichergestellt sind. "Das ist, als würde man bei einem Auto zunächst die Bremsen weglassen und erst Jahre später einbauen. Dies ist ein völlig untypisches Vorgehen und eine zusätzliche Gefahr," so Bürger.
Eine neue Greenpeace-Untersuchung beweist, dass auch das aktuelle Wirtschaftlichkeits-gutachten zu K2R4 gefälscht wurde. Demnach hat die US-amerikanische Consultingfirma Stone&Webster durch einen Rechentrick den Bau der Atomkraftwerke günstiger berechnet als den Bau von nicht nuklearen Alternativen wie zum Beispiel Gaskraftwerke. Der Kursverfall der ukrainischen Währung Griwna, der beide Varianten billiger macht, wurde für die Atomkraftwerke über einen längeren Zeitraum und damit günstiger kalkuliert als für die Alternativen. Die Folge: Der Bau der beiden Atomkraftwerke erscheint im Vergleich zu nicht nuklearen Alternativen plötzlich billiger. Schon im Mai diesen Jahres wurden die Berechnungen auf gleiche Weise manipuliert.
Veit Bürger: "Keine seriöse Privat-Bank der Welt würde unter diesen Bedingungen einen Millionenkredit vergeben. Die Bundesregierung darf das nicht einfach durchwinken."
1995 beschlossen die G7-Länder, die Ukraine bei der Stilllegung von Tschernobyl zu unterstützen. Sie verlangten als Ersatz für den Unglücksreaktor die Förderung der kostengünstigsten Alternative. Die Fraktionen von SPD und Grünen verabschiedeten im April 1999 eine Resolution, in der sie sich gegen die Finanzierung von K2R4 aussprachen. Dennoch wird der deutsche EBRD-Vertreter bei der Abstimmung nächste Woche voraussichtlich nicht gegen die Kreditvergabe stimmen, sondern sich lediglich der Stimme enthalten.
Achtung Redaktionen:
Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an Veit Bürger, Tel: 0171-8780 820 oder Pressesprecher Stefan Schurig, Tel: 0171-8780 837. Internet: www.greenpeace.de
Original-Content von: Greenpeace e.V., übermittelt durch news aktuell