Seeunfall-Untersuchungen müssen öffentlich bleiben / Greenpeace-Proteste in Cuxhaven und vor fünf norddeutschen Landtagen
Hamburg (ots)
Greenpeace protestiert heute in Cuxhaven und vor den fünf Landtagen der Küstenländer gegen den Ausschluss der Öffentlichkeit bei zukünftigen Untersuchungen von Schiffsunfällen auf See. Rund 40 Aktivisten richten sich mit Gefahrgutzeichen und "Gesperrt"-Schildern gegen den neuen Gesetzesentwurf von Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) zur Neuordnung der Seeunfalluntersuchung. Demnach sollen in Zukunft sowohl die Medien als auch die Bevölkerung bei der Untersuchung von Schiffsunfällen ausgeschlossen werden.
In Cuxhaven überreichen die Aktivisten am Rande einer Veranstaltung, auf der SPD-Bundestagsabgeordnete für den neuen Gesetzesentwurf werben, eine Petition an die parlamentarische Staatssekretärin des Verkehrsministeriums, Angelika Mertens. Darin fordern sie, dass die Untersuchung von Seeunfällen öffentlich bleibt. In Kiel, Hamburg, Schwerin, Bremen und Osnabrück (heutiger Tagungsort des niedersächsischen Kabinetts) übergeben sie die an die Ministerpräsidenten der Länder gerichtete Petition. Die fünf Küstenländer stehen dem neuen Seeunfalluntersuchungsgesetz ebenfalls kritisch gegenüber.
"Die Abschaffung öffentlicher Seeamtsverhandlungen ist nicht akzeptabel. Dabei geht demokratische Kontrolle verloren, wo sie dringend notwendig ist. Nur durch die Öffentlichkeit kann sichergestellt werden, dass nichts verheimlicht und vermauschelt wird", sagt Christian Bussau, Schifffahrtsexperte bei Greenpeace. "Die von der Bundes-SPD organisierte Diskussion in Cuxhaven ist eine reine Alibi-Veranstaltung. Zahlreiche Kritiker wie Umweltgruppen, Rechtsexperten, die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste, Fischerei- und Seglerverbände wurden nicht eingeladen."
Laut Gesetzesentwurf (§29, Abs. 5) soll es nur noch in den seltenen Fällen der Patententziehung eine öffentliche Verhandlung geben, und das auch nur, soweit nicht ein Beteiligter widerspricht. Jedoch würde die Öffentlichkeit mit diesem neuen Gesetz de facto ausgeschlossen. Denn Beteiligte, denen ein Patententzug droht, werden im Zweifelsfall immer widersprechen. Gerade in solchen Fällen ist aber das öffentliche Interesse erfahrungsgemäß groß - wie bei Seefahrtsschulklassen, der Fachpresse oder Angehörigen von tödlich verunglückten Seeleuten.
Die Bundesregierung begründet ihre Absicht offiziell damit, dass das Medium der Öffentlichkeit unvereinbar sei mit der Unabhängigkeit einer Untersuchungsbehörde. Bussau: "Das ist skandalös. Offensichtlich tagt die Bundes-SPD lieber hinter verschlossenen Türen. Das Misstrauen gegenüber behördlichen Untersuchungsverfahren ist jedoch immer dort am größten, wo die Öffentlichkeit ausgeschlossen und ihr lediglich das Untersuchungsergebnis mitgeteilt wird. Die Kritik an der nicht öffentlichen Untersuchung des Unglücks des Fährschiffes "Estonia" belegt dies deutlich."
Achtung Redaktionen: Weitere Informationen erhalten Sie bei Christian Bussau unter 0171-8780-805. Den Petitionstext sowie eine Liste über Schiffsunfälle in der Kadetrinne erhalten Sie bei Pressesprecherin Carmen Ulmen unter 040-30618-344. Fotos von den Aktionen in Cuxhaven und Schwerin erhalten Sie unter 040-30618-376. Internet: www.greenpeace.de
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