Atompoker um Tschernobyl-Ersatzreaktoren beendet
Greenpeace sieht
Rückzug der Ukraine vom Millionenkredit auch als eigenen Erfolg
Hamburg (ots)
Greenpeace begrüßt die gestern bekannt gewordene Entscheidung der ukrainischen Regierung, auf einen Kredit der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) für die Fertigstellung zweier Atomkraftwerke in der Ukraine zu verzichten. Diese Entscheidung ist de facto das Aus für das geplante Atomprojekt. Ohne die westliche Finanzhilfe, an der auch die Bundesregierung beteiligt gewesen wäre, können die Atomkraftwerke nicht gebaut werden, die als Ersatz für den im vergangenen Jahr stillgelegten Katastrophenreaktor in Tschernobyl dienen sollten.
Der Verzicht der Ukraine auf den EBRD-Kredit kommt überraschend. Ursprünglich wollte die Bank gestern in London das 215 Millionen-Dollar-Darlehen für die Fertigstellung der beiden Reaktorblöcke Khmelnitzki 2 und Rowno 4 (K2R4) unter bestimmten Kriterien freigeben. Die Ukraine sollte den Stromsektor reformieren und die Atomaufsicht stärken, was Präsident Kutschma jetzt aber nicht mehr akzeptieren wollte.
"Zwei Sorgen weniger", kommentiert Tobias Münchmeyer, Atomexperte von Greenpeace International die Entscheidung. "Das finanzielle Gerüst für ein waghalsiges und weltweit kritisiertes Atomprojekt bricht in sich zusammen."
Die Ukraine kündigte zwar an, sie wolle die halbfertigen K2R4-Reaktoren statt mit westeuropäischer nun mit russischer Hilfe fertig bauen. Doch dieser Plan beruht auf Wunschdenken. "Ohne Geld aus dem Westen wird das Projekt eine Bauruine bleiben," sagt Münchmeyer. "Russland kündigt seit Jahren einen massiven Ausbau seiner Atomwirtschaft an - doch in der Realität passiert zum Glück nicht viel". Zwischen 1993 und heute konnte in Russland lediglich der Bau eines einzigen, bereits vor dem Ende der Sowjetunion zu 95% fertiggestellten Reaktors abgeschlossen werden.
Greenpeace wertet die Entscheidung auch als Erfolg der eigenen Arbeit: Mit jahrelangen Kampagnen in mehreren Ländern, darunter auch in Deutschland, hat die Umweltorganisation die Öffentlichkeit immer wieder auf die Gefahren und den wirtschaftlichen Unsinn des Atomprojektes hingewiesen. Das hat mit dazu geführt, dass das K2R4-Projekt bei der EBRD nicht sang- und klanglos durchgewunken wurde. So hat Greenpeace wiederholt mit zahlreichen Gutachten grobe Fehler in der Finanzkalkulation des Projektes nachgewiesen. Dem erhöhten öffentlichen Druck hat das Projekt letztlich nicht standhalten können.
"Jetzt wird sich zeigen, ob die EBRD eine lernfähige Institution ist und aus dem geplatzten Deal die notwendigen Konsequenzen zieht. Die Ukraine braucht dringend Hilfe beim Aufbau einer nachhaltigen Energiewirtschaft. Die EBRD sollte besonders Projekte fördern, die zur Energieeffizienz beitragen", fordert Münchmeyer.
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