BLOGPOST: Neu in zimpel: ZEITmagazin MANN - Ein Männermagazin ohne Männermagazin
Ach ja, wir Männer. Whiskey-Glas in der Hand, Zigarre im Mundwinkel und dann schön über Autos quatschen. Obwohl ... so ist natürlich niemand. Das weiß auch ZEITmagazin-Chefredakteur Christoph Amend und widmet sich der neuen Line Extension ZEITmagazin MANN der kritischen Prüfung von Geschlechterklischees - zumindest in weiten Teilen.
Denn rein äußerlich kommt die Zeitschrift traditionell daher: Bilderstrecken archetypischer Männerprodukte wie Krawatten, Manschettenknöpfe, Unterhemden zeichnen im Wechselspiel mit Anzeigen für teure Uhren, Parfums und Mode ein eher mäßig modernes Männerbild.
Inhaltlich gibt sich das Magazin glücklicherweise zeitgemäßer und teilt sich grob in zwei Kategorien: Auf der einen Seite stehen Kolumnen über konkrete Wesenszüge und Klischees der Geschlechterrollen, auf der anderen Seite Porträts von interessanten Persönlichkeiten - übrigens sowohl Männern, als auch Frauen. Das ZEITmagazin MANN brilliert dabei mal mehr, mal weniger, ist aber durchweg lesenswert und nicht so oberflächlich, wie es das gewählte Format des Männermagazins befürchten lässt.
So diskutiert Bernd Ulrich, Politikleiter der ZEIT, die Rolle von Männern in der Politik vor allem unter dem Aspekt des Ausschlusses der Frau und beschreibt die politische Bühne als eine patriarchalisch getriebene Welt, zu der es eine "weibliche Globalalternative geben könnte", wenn man sie nur zuließe. Kann man so sehen.
Dem Klischee nach ebenfalls typisch männlich: Porschefahren. Das vermeintlich maskulinste aller Fortbewegungsmittel wird im ZEITmagazin MANN ausgerechnet von einer FRAU Probe gefahren. Dieser Twist ist nicht so unerhört, wie er vielleicht sein will, erlaubt aber einige kluge Beobachtungen über Wahrnehmung, Dominanz und Segregation.
Im Anschluss nähern sich ZEIT-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo und Mönch Elmar Salmann unter dem Aufmacher "Was an Männern eigentlich noch toll ist" einer Erkenntnis über das Wesen der Geschlechter aus theologischer, aber auch weltlicher Sicht. Erstmals wird hier die Möglichkeit einer sozialen Konstruktion von Geschlechterrollen diskutiert - eine Betrachtungsweise, die das der Genre der Männer- und Frauenmagazine vor existenzielle Probleme stellen dürfte.
Soweit geht das ZEITmagazin MANN jedoch nicht, versteht es sich schließlich selbst als Männermagazin und steuert von gesellschaftlichen Konzepten schnell wieder Richtung weniger verfänglicher Unterhaltungsinhalte. Dabei geht es um die komplexbehaftete Beziehung des Mannes (bzw. des Autoren) zum Thema Tanzen, eine Modestrecke über Handwerker und Listen voll heißer Tipps, u.a. zu "Bars, in denen man auch gut essen kann" (Spoiler: Diese befinden sich in Barcelona, Singapur, Dubai und New York).
Fazit:
Das ZEITmagazin MANN weiß nicht so recht wohin. Klischees über Männlichkeit, wie sie Männermagazine gerne propagieren, werden in Frage gestellt, die lesenswerten Porträts und Interviews haben keinen besonderen Geschlechterbezug. Das Gerüst des Männermagazins wird durch eine Themenwahl und Bildsprache gestützt, die die getroffenen Aussagen konterkariert. Als geschlechterübergreifendes Kultur- und Gesellschaftsmagazin betrachtet, funktioniert das ZEITmagazin MANN hingegen besser. Warum also nicht diesen Weg konsequent zu Ende gehen? Ein Schwerpunktthema über Geschlechterklischees in einer modernen Gesellschaft an Stelle eines Männermagazins, das im Grunde keines sein möchte. Daher lautet der Tipp für die nächste Line Extension: Ein Männermagazin ohne Männermagazin.
Redaktionsleitung: Christoph Amend
Auflage: 60.000
Heftpreis: 8,50 Euro
Erscheinungsweise: halbjährlich
Themen: Lifestyle, Angebote für Männer, Gesellschaft, Kultur
Web: www.zeitmagazin.de
Dieser Beitrag ist ein Original-Blogpost aus TREIBSTOFF: http://treibstoff.newsaktuell.de/neuerscheinung-zimpel-zeitmagazin-mann/
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