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BLOGPOST: Fachkräftemangel in der PR?

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Wird es in Zukunft einen Fachkräftemangel bei professionellen Kommunikatoren geben? Romy Fröhlich ist davon überzeugt. In TREIBSTOFF spricht die Professorin für Kommunikationswissenschaften (LMU München) über die zukünftigen Anforderungen an PR-Profis. Ein Gespräch über Spezialisierung, Textkompetenz, Chatbots und die deutsche Hochschulpolitik.

TREIBSTOFF: In der PR gibt es immer mehr Tätigkeitsfelder. Führt diese Entwicklung zu einer Zergliederung der PR-Jobs in viele hochspezialisierte Bereiche? Oder muss ein PR-Profi von morgen immer mehr drauf haben?

FRÖHLICH: Die sprichwörtliche eierlegende Wollmilchsau hat in der PR ohnehin schon lange ausgedient. Die Spezialisierung hat schon lange vor der Digitalisierung eingesetzt. Online-PR und der Umgang mit Social-Media-Kommunikation ist lediglich eine weitere Spezialisierung, der etliche andere vorangegangen sind.

TREIBSTOFF: Welche zukünftigen Skills brauchen PR-Profis?

FRÖHLICH: Internationalisierung ist ein zentraler Aspekt zukünftiger Qualifikation im PR-Bereich. Und zwar sowohl nach innen - also Diversity im eigenen Unternehmen - als auch nach außen, da internationale Zielgruppen zunehmend an Bedeutung für die externe Kommunikation gewinnen. Interkulturelle Kompetenz inklusive Wissen über unterschiedliche journalistische Selbstverständnisse und Mediensysteme wird also eine zunehmend wichtigere Expertise für PR-Profis.

Auch Textkompetenz verliert in keiner Weise an Bedeutung, sondern nimmt eher noch weiter zu. Dieser Bereich ist heute schon "unterbesetzt". Gute Texter sind Mangelware - ganz zu schweigen von Profis, die auch in anderen Sprachen noch gut texten.

Mit zu den PR-Schlüsselqualifikationen der Zukunft gehört außerdem das Wissen darüber, was sich im Zuge der Sozialisation ganzer Generationen durch Social Media in Gesellschaften und im Kommunikationsverhalten der Menschen verändert. Stichworte wären hier etwa "Echo-Chambers" oder "Filter-Bubbles".

Was persönliche Skills betrifft: Es wird in Zukunft - vor allem im Post-Truth-Zeitalter und danach - mehr denn je auf die Authentizität strategischer Kommunikatoren ankommen, auf ihren Willen und ihre Fähigkeit, wahrhaftig zu sein. Und das hat nicht nur mit Handwerk zu tun, sondern auch viel mit Persönlichkeit. Hier wird sich in Zukunft noch viel mehr als heute die Spreu vom Weizen trennen.

TREIBSTOFF: Welche Rolle spielen zukünftig Textautomatisierungstechnologien und Chatbots?

FRÖHLICH: Ich halte diese Techniken was PR angeht für völlig überschätzt. Hier steht viel auf dem Spiel, denn es kann viel Vertrauen zerstört werden. Bots sind nicht gerade die Ausgeburt einer symmetrischen Kommunikation auf Augenhöhe, von der die PR immer gern spricht. Über Bots lassen sich keine Exklusivinfos für Redakteure verbreiten. Bots nutzen eher jenen, die in kurzer Zeit mit schlichten Infos große Zielgruppen erreichen wollen. Für Mikro-Targeting, das für die PR der Zukunft eine große Rolle spielen wird, sind sie meiner Meinung nach völlig ungeeignet. Gute, ethisch aufrichtige PR entwickelt heute schon Codes of Conduct, mit denen den Zielgruppen zugesichert wird, dass man keine Bots programmiert für die Kommunikation mit ihnen. Für Marketing mögen Bots vielversprechend sein, für PR ist ihr Nutzen extrem eingeschränkt - ja sogar kontraproduktiv.

TREIBSTOFF: Welche heutigen Skills spielen in der Zukunft noch eine wichtige Rolle?

FRÖHLICH: Content Production und nochmal Content Production. Also gutes Texten! Das Problem dabei: Selbst Gymnasiasten haben heute keine wirklich gute Sprach- und Textkompetenz mehr. Das sehen wir hier an der Uni jedes Wintersemester auf's Neue. Es wird von Generation zu Generation schlimmer. Und die Uni kann Textkompetenz nicht nachholen. Das ist völlig ausgeschlossen. Wo die Experten also her kommen sollen, die gut texten, ist mir schleierhaft. Wir rasen da auf ein großes Problem zu.

TREIBSTOFF Wird es Ihrer Meinung nach also auch in der PR einen ernst zu nehmenden Fachkräftemangel geben?

FRÖHLICH: Ja - den gibt es wie gesagt in einigen PR-Segmenten schon heute. Und das liegt auch daran, dass wir in Deutschland keine geregelte PR-Ausbildung haben und der Berufszugang statt dessen prinzipiell offen ist. Das wollen im übrigen auch die Berufsverbände so belassen. Auch spezifische PR-Studiengänge sind Mangelware an Unis; an FHs gibt es immerhin einige wenige. Und abgesehen davon ist ein PR-Studium bis heute ja auch kein vorgeschriebener Weg in die PR. PR ist eben keine Profession im engeren Sinne - auch wenn die Zeit der Seiteneinsteiger und Self-Made-(Wo)Men vorbei ist. "Fachkräfte" kann man aber nur in geregelten Ausbildungssystemen produzieren - und die gibt es für PR wie gesagt bis heute nicht.

TREIBSTOFF: Sind hier also die Ausbildungsstätten in der Pflicht, dagegenzuwirken?

FRÖHLICH: Erstens: In Deutschland gibt es an Universitäten gerade mal vier PR-Masterstudiengänge und an FHs einige B.A.-Studiengänge. Alle sind durch ihre hohen NCs stark zulassungsbeschränkt, die Absolventenzahlen bewegen sich also in einem sehr überschaubaren Rahmen und reichen nicht aus, um den Fachkräftemangel aufzufangen. Die Zulassungsbeschränkungen an deutschen Hochschulen und Universitäten wiederum sind etwas, was nicht die Hochschulen zu verantworten haben, sondern die Hochschulpolitik in Deutschland beziehungsweise in den Bundesländern. Das ist alles eine Frage des Geldes, das die Politik in Studiengänge investiert oder eben nicht.

Vor diesem Hintergrund ist es geradezu zynisch, dass die deutsche Hochschulpolitik = Ländersache in den letzten Jahren zahlreiche private FHs und deren Studiengänge im Bereich Medien und PR zugelassen hat - kostet ja so gut wie nichts. Die Studierenden und ihre Eltern müssen dort aber hohe Studiengebühren bezahlen. Wer kein 1,0-1,7-Abi hat, aber trotzdem einen Medien- oder PR-Studiengang belegen will, dem bleibt in Deutschland nur das Ausweichen auf eine dieser privaten FHs. Für meinen Geschmack stiehlt sich der Staat damit aus seiner Verantwortung. Aber das ist ein ganz anderes Thema. Nur: Man muss die tatsächlichen Hintergründe kennen, wenn man da mitreden will.

Zweitens: Wieso sollte ein viersemestriger PR-Master-Studiengang, bei dem ein Semester auch noch voll dem Examen gewidmet werden muss, den Studierenden "Schreiben und Redigieren" beibringen, wenn schon die anderen Basics, die man für PR braucht, in drei Semestern eigentlich gar nicht zu vermitteln sind? Das erschließt sich mir nicht. Da mache ich doch lieber Aufnahmeprüfungen und filtere diejenigen Bewerber heraus, die ein gutes Sprachverständnis mitbringen. Je nach dem, welche Art der PR-Spezifizierung eine Ausbildungsstätte oder ein PR-Hochschulstudium in seinem Programm anbietet, gestaltet man seine Aufnahmeverfahren nach bestimmten Qualifikations- und Expertisemerkmalen. Das ist bedeutend sinnvoller, als die Masse in allem ein bisschen auszubilden, aber in nichts richtig. Wie gesagt: Die eierlegende Wollmilchsau ist ein Auslaufmodell.

Dieser Beitrag ist ein Original-Blogpost aus TREIBSTOFF:

http://treibstoff.newsaktuell.de/fachkraeftemangel-pr/

Die aktuelle TREIBSTOFF-Ausgabe zum Download: https://www.newsaktuell.de/pdf/treibstoff_ausgabe_10.pdf

Was ist TREIBSTOFF?

TREIBSTOFF ist das Blog der dpa-Tochter news aktuell. Es geht dort um die Themen Kommunikation, Pressearbeit und Social Media. Und manchmal auch um news aktuell selbst. Welche Trends, welche Apps, welche Themen bewegen Kommunikationsfachleute heute? Wie sieht unser Arbeitstag aus? Was ist wichtig für die Karriere? Best Practice, Interviews und Gastbeiträge warten auf PR-Profis und Pressesprecher. Ein Mal pro Quartal gibt es TREIBSTOFF auch als gedrucktes Magazin.