BLOGPOST: #prba20: Brepal e.V. zweifacher PR-Bild Award Sieger in der Kategorie Reisen
Brepal e.V. möchte medizinische Hilfsposten in abgelegenen Regionen Nepals ausbauen. Im Gegensatz zum gut versorgten Kathmandutal ist es um die Gesundheitsversorgung hier noch schlecht bestellt. Spendengelder generiert der Bremer Verein unter anderem über einen Kalender, der das südasiatische Land in seinen vielen Facetten dokumentiert. Zwei der Bilder, die der Fotograf Sebastian Bullinger für das Projekt aufgenommen hat, haben dieses Jahr den PR-Bild Award in der Kategorie Reisen gewonnen (1. und 3. Platz). Über die Geschichten hinter den Bildern, aber auch über die aktuellen Herausforderungen für die NGO sprachen wir mit Sebastian Bullinger und dem Bremer Arzt und Brepal-Initiator Klaus Eckert.
news aktuell: Ihre beim PR-Bild Award prämierten Bilder sind ursprünglich für den Brepal-Kalender geschossen worden. Erzählen Sie uns doch etwas mehr über das Kalenderprojekt.
Bullinger: 2013 lernte ich Brepal über Freunde kennen, die für den Verein ein halbes Jahr in Nepal arbeiteten. Ich verband mein Interesse an dem Land mit der Idee, das Projekt von Brepal zu dokumentieren. Nach einer zweitägigen, beschwerlichen Fahrt von Kathmandu nach Banjhakateri kamen wir in dem Dorf an. Wasser kam über Schläuche aus dem nahegelegenen Fluss. Strom gab es über ein Kleinwasserkraftwerk nur sehr begrenzt zu einer bestimmten Tageszeit. Wir übernachteten in einem einfachen Lehmhaus. Es war sehr romantisch, aber krank will man in so einer Gegend nicht werden.
Brepal hat die medizinische Versorgung der Menschen in der Umgebung des Dorfs seitdem enorm verbessert. Inzwischen betreibt der Verein dort ein Gesundheitszentrum und eine Apotheke mit westlichen Standards und modernen medizinischen Geräten. Bei Brepal kann man sich sicher sein, dass Spenden gezielt und direkt helfen. Deswegen unterstütze ich den Verein, wo es geht.
Wir schaffen es nicht jedes Jahr, einen Kalender zu publizieren, aber durch die abnehmbaren Kalenderarien sind die Bilder zeitlos. Aktuell verkaufen wir den neuen Brepal Kalender 2021.
news aktuell: Mit der Ziegenherde aus Nepal haben Sie den ersten Platz des PR-Bild Award in der Kategorie Reisen gewonnen. Wie ist das Bild entstanden und welche Geschichte erzählt es?
Bullinger: Im Dezember 2017 reiste ich erneut für einen längeren Aufenthalt nach Nepal, um Motive für die Nepal-Kalenderserie zu fotografieren. Ziel der Reise war eine Expedition ins Sperrgebiet Mustang und ein Besuch des neuen Gesundheitszentrums von Brepal in Bigu. In einem vierköpfigen Team, zwei Nepalis und eine Ärztin aus Österreich, wanderten wir drei Wochen durch Mustang und das Annapurna Gebirge. Die Ziegenherde habe ich gleich am Abend der ersten Etappe fotografiert. Kagbeni ist ein mystischer Ort, an dem man die besondere Geschichte der Region noch deutlich spüren kann. Bei Sonnenuntergang kam plötzlich die Ziegenherde, gefolgt von der Hirtin durch die enge Gasse auf mich zu. Es war schon sehr dunkel und ich hatte nur einen ganz kurzen Moment für die Aufnahme, bevor die Ziegen schon um mich herum sprangen und mir vermutlich sagen wollten - "Platz da, wir wollen heim in den Stall!"
news aktuell: Und wie entstand das Bild des Kali Gandaki, das den dritten Platz in der Kategorie Reisen gemacht hat?
Bullinger: Nachdem wir den Fluss Kali Gandaki über eine enge Stahlbrücke überquert hatten, begann der steile Anstieg zu dem Dorf Chele. Auf dem Weg bemerkte ich, wie eindrucksvoll das Flussbett von oben aussah. Am Horizont erschienen zwei Reiter. Das Motiv war bereits in meinem Kopf, ich hatte nur das falsche Objektiv dafür auf der Kamera. Ich wechselte so schnell es ging auf eine lange Brennweite und schaffte es gerade noch rechtzeitig, das Bild aufzunehmen. Das war einer der Momente, an dem ich schon vor der Sichtung der Bilder wusste, dass es ein ganz besonders Motiv ist.
news aktuell: Was sind die besonderen Herausforderungen bei Landschafts- und Reise-Fotografie - insbesondere, wenn die Bilder für eine NGO wie Brepal produziert werden?
Bullinger: Zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Hört sich abgedroschen an, ist aber so. Je unbequemer der Weg zu einem Bild, umso mehr steigt die Chance, dass es besonders wird. Ich versuche ständig, die richtige Balance zu finden die beste Qualität mit dem geringsten technischen Aufwand hinzubekommen. Zu Fuß ist man meistens näher an den Motiven dran, als mit modernen Verkehrsmitteln. Meine Motivation bei dem Kalenderprojekt ist, so viel wie möglich selber zu machen. Deswegen organisieren wir in einem kleinen Team die Vermarktung und sogar den Versand selbst. So generieren wir mit dem Verkauf der Kalender neben der PR-Aufmerksamkeit auch noch Gewinn, der wiederum an den Verein und somit an die Menschen in Nepal geht.
news aktuell: Was sind momentan angesichts der andauernden Corona-Pandemie die größten Herausforderungen für den Verein Brepal?
Eckert: Der Umgang mit den kranken Menschen, die durch die mangelnde Aufklärung über COVID-19 völlig verunsichert sind und die fehlende Unterstützung des Gesundheitssystems Nepals, das die Helfer und die betroffenen Menschen einfach allein lässt.
Das intellektuelle Bildungsniveau in Nepal ist nicht sehr hoch, vor allem in der ländlichen Bevölkerung. Da bedarf es besonderer Anstrengung, wenn man sinnvoll über medizinische Probleme aufklären will. Man machte nicht einmal den Versuch, über COVID-19 zu berichten. So kamen viele Gerüchte in Umlauf, mit dem Ergebnis, dass infizierte Menschen stigmatisiert wurden, denn ein positiver Test implizierte in den Köpfen der Menschen den sicheren Tod. Häuser von Infizierten wurden blockiert und niemand wurde heraus gelassen, es gab sogar Todesdrohungen. Im März/April kamen kaum noch Kranke zur Behandlung. So konnten auch wir wenig aufklärend arbeiten. Wichtig wäre es gewesen, zumindest über Hygiene und die AHA Regeln zu sprechen.
Nepal hat überhaupt keine Strategien, was die Bekämpfung von Pandemien angeht. So gab es für die Bevölkerung z.B. kaum Möglichkeiten, sich mit Schutzkleidung, Masken, etc. einzudecken. Wir mussten allein zusehen, wie wir zumindest unser Personal schützen konnten. Durch den Lockdown im Frühjahr war es enorm schwierig, die Stützpunkte im Westen und Osten mit Medikamenten und allem Wichtigen zu versorgen. Ausnahmegenehmigungen für den Transport mit unserem Auto waren nicht zu bekommen. Daher mussten wir permanent improvisieren. Dieser Zustand hat sich bis jetzt, November 2020, etwas verbessert.
news aktuell: Wie können Sie derzeit Ihre Arbeit vor Ort machen?
Eckert: Normalerweise haben wir westliche Fachärzte*innen unterschiedlicher Bereiche zur Unterstützung und Ausbildung unseres Teams vor Ort. Deren Einsatz ist im Moment nicht möglich. Trotzdem läuft die Arbeit geregelt, bei einem hohen qualitativen Standard. Das freut uns alle und zeigt, dass die Ausbildung des Personals bislang gut war und die Kranken in dieser Krise davon profitieren. Wir haben in beiden Zentren ein Hygienekonzept, das weitestgehend eingehalten wird. Während der Patientenbesuche versuchen wir über COVID-19 zu reden und die Menschen zu informieren. Ansonsten werden sie, wie vor der Pandemie, untersucht und behandelt. Die täglichen Behandlungszahlen sind steigend. Da wir nicht auf Corona testen, wissen wir allerdings auch wenig über die Zahl der Infizierten. Wenn man von den Symptomen ausgeht, ist zu vermuten, dass es nur wenige Erkrankte gibt. Ich habe regen medizinischen Austausch mit unseren nepalesischen Mitarbeitern. Seit drei Wochen gibt es in Banjhakateri eine stabile Internetverbindung, so dass wir jetzt auch Telemedizin durchführen können. So bekomme ich auch die Sorgen der Menschen und des Teams hautnah mit.
news aktuell: Wie geht Nepal mit der Corona-Krise um?
Eckert: So gut es geht und das heißt hier: eher weniger gut. Das Land ist völlig verschuldet, leistet sich aber ein ineffektives, teures Gesundheitssystem ohne dauerhafte Konzepte und Erfolge. Vor allem nach der Verfassungs- und Gebietsreform 2015 meinte man eine Verbesserung der Zustände zu spüren. Die Kindersterblichkeit nahm ab, es gab Fonds für chronisch Kranke, um deren Behandlung zu finanzieren, es wurden viele Gebäude zu medizinischem Gebrauch gebaut, Personal eingestellt. Gebracht hat es wenig für die Menschen. Es ist viel Geld in korrupte Kanäle geflossen. Wenig qualifiziertes Personal langweilt sich in den medizinischen Zentren und verweigert Kranken Hilfe, weil es Angst hat, sich mit Corona anzustecken, vielleicht sogar berechtigt, denn es fehlt in den staatlichen Stellen an allem für ein sinnvolles Hygienekonzept. Viel hat sich seit 2015 im staatlichen Gesundheitssystem nicht getan.
Ab dem 25. März befand sich Nepal in einem totalen Lockdown. Die Ausgangssperre wurde mit brutalen polizeilichen Maßnahmen durchgesetzt. Das öffentliche Leben kam zum Erliegen. Der Tourismus war nicht mehr vorhanden, tausende Menschen wurden daraufhin arbeitslos. Arbeitsmigranten kamen aus vielen Ländern zurück, vor allem aus Indien. Die Tagelöhner fanden keine Arbeit mehr. Die Not war und ist entsprechend groß. Viele Menschen mussten hungern, da der nepalesische Staat sich nicht um seine Bürger kümmerte. Ein soziales Auffangnetz wie in Deutschland gibt es nicht. Brepal e.V. hatte daraufhin 16.000 Euro für Lebensmittelspenden nach Nepal überwiesen, so wie es viele NGOs taten. Hilfe kam nur aus privater Hand.
Im Mai erreichte der Widerstand in der Bevölkerung seinen Höhepunkt, so dass der Lockdown beendet wurde. Seither läuft das Leben annähernd so wie vor der Pandemie. Da die Bevölkerung Nepals sehr jung ist, gibt es nur vereinzelt schwere Covidfälle. Es wurde wenig getestet, so dass nur wenige Infizierte dokumentiert wurden. Die gemeldete Zahl stieg an, als Nepal die Teste kostenlos anbot, doch diese Zeiten sind seit Anfang November auch wieder vorbei, denn inzwischen muss man den Test selbst zahlen, genauso wie die Krankenhausbehandlung. Eine Impfung wird es in Nepal nicht so schnell geben, und wer soll diese bezahlen? So leben die Menschen mit der Pandemie, was bleibt ihnen auch anderes übrig.
news aktuell: Was würden Sie sich für Nepal und Brepal für 2021 wünschen?
Eckert: Eine Welt ohne Corona! Was wohl nicht realistisch ist, aber wenigstens einen unaufgeregteren Umgang mit der Pandemie. Nepal kann nur Einkommen durch den Tourismus und die Überweisung der im Ausland Arbeitenden erzielen, deshalb wäre eine bald verfügbare wirksame Impfung eventuell eine Lösung. Dann könnten wieder Menschen dieses tolle Land bereisen und sich von dem Charme der Landschaft und der Bevölkerung beeindrucken lassen. Sebastian Bullinger bringt das mit seinen Bildern ja super zum Ausdruck. Ich habe selten Fotos aus Nepal gesehen, die die Einzigartigkeit Nepals so deutlich widerspiegeln. Alle Kalenderprojekte waren daher auch sehr erfolgreich. Nepal braucht weiterhin unsere Unterstützung. Das Land hatte immer wieder enorme Rückschläge zu verkraften, von denen es sich zunehmend schwerer erholt. Für Brepal wünsche ich mir, trotz der Pandemie, eine weitere Unterstützung durch unsere Sponsoren und Förderer. Wer dabei sein möchte, kann uns einfach kontaktieren.
Interview: Beatrix Ta
Dieser Beitrag ist ein Original-Post aus dem news aktuell Blog:
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