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PHOENIX

Phoenix Programmhinweis für Mittwoch, 26. April 2000

Köln (ots)

20.15 Uhr Reisen wie im Roman
   Die Spur der Steine
"Als Gott die Welt erschaffen und alle Schönheit verteilt hatte,
blieb ihm am Ende noch eine Hand voll Felsen übrig, die er ins Meer
warf." So entstand Sardinien, sagen die Sarden. Es klingt fast wie
ein Fluch. "Sardinien ist ganz anders" meinte der vagabundierende
Litarat Lawrence, aber die Schönheit ist auf Sardinien keineswegs zu
kurz gekommen. Die karge Steinlandschaft fasziniert jeden, der sich
auf sie einlässt. Schafe und einsame Gebirgsorte, sperrige Bergriegel
und die immergrüne unwegsame Macchia prägen das Erscheinungsbild.
Sardinien ist nicht nur räumlich eine Insel, sondern auch
zeitlich. Mancherorts scheint die Zeit stillzustehen, Besucher
schauen wie in ein anderes Jahrhundert, die dritte Welt hat einen
europäischen Teil.
Sardinien gehört zu Europa und ist doch ganz anders. Dieser
Fremdheit spürt der Film nach. "Spur der Steine" ist eine Reise in
das entlegende Innere einer Insel, die trotz aller Nähe oft fremd
wirkt.
Film von Heribert Blondiau
21.00 Uhr Russland wohin?
   Die Not hat ein Gesicht
1989 ließ der Streik der Kohlebergleute im sibirischen Kusbass die
Wirtschaft ganz Sowjetrusslands zusammenbrechen. Die Bergleute
forderten bessere Lebensbedingungen, höhere Löhne und Renten. Boris
Jelzin war ihre Hoffnung. Das war vor 10 Jahren. Auch Victor und
Tatjana aus Prokopjevsk haben Jelzin unterstützt, heute sind sie
verbittert. Es geht ihnen schlechter denn je. Die Gruben schließen,
es gibt kein Geld für Investitionen. Die Gehälter kommen mit
sechsmonatiger Verspätung, wenn überhaupt. 2000 Rubel, das reicht
kaum zum Leben. Die Heizungen funktionieren nicht. Bei minus 30 Grad
sind die Wasserleitungen eingefroren. Die Menschen sind demoralisiert
und an Politik kaum noch interessiert. Sie wollen nur eines: satt
werden. "Unter Jelzin ist alles noch schlimmer geworden", sagen sie,
"die in Moskau bauen sich ihre Häuser, und uns lassen sie
verhungern."
Auch in Großstädten ist die Lage nicht besser. In Russland öffnet
sich die Schere zwischen wenigen Reichen, einigen Schwerreichen und
dem Rest der Bevölkerung immer mehr. Über 60 Millionen Menschen leben
unterhalb der Armutsgrenze. Olga und Sascha aus Jekaterinburg sind
beide arbeitslos, haben alles verloren. Sie leben auf der Strasse,
wie viele andere auch. Krankwerden dürfen sie nicht, denn wer kein
Geld hat, bekommt auch keine Medikamente. Natascha arbeitet als
Köchin in einem Hotel. Sie ist allein erziehende Mutter und hält sich
mit ihrem Lohn gerade noch über Wasser. Für Politik interessiert sie
sich nicht, der Überlebenskampf verbraucht ihre ganze Energie. Ihr
Sohn soll es einmal besser haben, studieren können. Aber studieren
kann heute in Russland nur, wer von seinen Eltern unterstützt wird
und das Glück hat einen Job zu finden, wie Aljoscha. Neben seinem
Ingenieurstudium fährt er Taxi.
Der Film beleuchtet anhand von drei Beispielen die soziale Lage in
Russland. Und er stellt die Frage, was die Menschen von den
Politikern erhoffen. Aljoscha hat dazu eine klare Meinung. Wer als
Präsident an der Spitze des Landes steht, ist ihm egal.
Film von Caterina Woj und Jörg Hafkemeyer
22.15 Uhr Der Austausch
   Die vergessene Entführung des Peter Lorenz
Berlin, 27. Februar 1975, kurz vor 9.00 Uhr. Auf dem Weg ins Büro
wird der Berliner Spitzenpolitiker Peter Lorenz von Terroristen
entführt. Die Polizei hat auch am nächsten Morgen noch keine Spur,
als mit dem inzwischen berühmten Foto des Entführten auch die
Forderungen der Entführer bei dpa eintreffen: Sechs Häftlinge aus dem
Umkreis der "Bewegung 2. Juni" sollen freigelassen und ausgeflogen
werden. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik ist eine
Politiker entführt worden, erstmals wird der Staat in dieser Art
erpresst.
Eie Entführung geschieht wenige Tage vor den Wahlen zum Berliner
Abgeordnetenhaus. Peter Lorenz ist Landesvorsitzender der Berliner
CDU, Spitzenkandidat und Herausforderer des Regierenden
Bürgermeisters Klaus Schütz (SPD). In Berlin und Bonn treten die
Krisenstäbe zusammen. Bundeskanzler Helmut Schmidt hat 40 Grad
Fieber. Der Wahlkampf wird abgebrochen, die Häftlinge werden,
begleitet von Pfarrer Heinrich Albertz, ausgeflogen, die Entführer
lassen Lorenz unverletzt frei. Eine solche Entscheidung, einen
solchen Ablauf wird es nie wieder geben. Obwohl Lorenz seine
Entführer als "intelligent" beschreibt, die "anständige Behandlung"
hervor hebt und sich ein "Wiedersehen unter besseren Umständen"
vorstellen kann, wird der Staat den folgenden terroristischen
Erpressungsversuchen von Stockholm bis Schleyer nicht mehr nachgeben.
Der "Krieg" wird immer blutiger.
Nach 25 Jahren erzählen die damals Beteiligten - zum Teil erstmals
vor der Kamera - von der Entführung aus ihrer Sicht - u.a. Helmut
Schmidt, Hans Jochen Vogel, Klaus Schütz (1975 Regierender
Bürgermeister von Berlin), Nils Nielsen (Pilot der "Africa", Manfred
Kittlaus (Staatsschutz). Seitens der "Bewegung 2. Juni" Ralf
Reinders, Ronald Fritzsch, Gabriele Rollnik, Till Meyer und "Bommi"
Baumann.
Dokumentation von Klaus Stern und Klaus Salge
Rückfragen:   PHOENIX Kommunikation, Telefon 0221-220-8477, Fax
0221-220-8089

Original-Content von: PHOENIX, übermittelt durch news aktuell

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