Phoenix Programmhinweis/ Samstag, 17. Juni 2000
Köln (ots)
18.45 Uhr Sklaven zu verkaufen Menschenretter im Sudan
Glühend heiß ist die Waldsteppe südlich des Gazellen-Flusses. Alle Gewässer sind ausgetrocknet. Nur Dornensträucher halten sich auf dem rotbraunen, steinharten Boden. Irgendwo am Rand der Ebene vor dem Dorf Mayen Abun tauchen sie auf, kaum erkennbar im hohen dürren Elefantengras. Drei Menschen-Kolonnen, die langsam näher kommen. Es sind verstaubte, erschöpfte Gestalten, meist Frauen und Kinder, denen die Beine ihren Dienst versagen, weinende Drei- oder Vierjährige, die halb gezogen, halb geschoben werden, weil ihre Mütter sie nicht mehr tragen können. An der Spitze geht ein Mann in einer blendend weißen Galabija, dem traditionellen Gewand der Araber. Das Gesicht ist bis auf Seeschlitze verhüllt. Nennen wir ihn Salim. Salim ist Sklavenhändler. Wenig später wird er im Schatten eines riesigen Mangobaumes so viel Geld zählen, dass er einen Sack dafür braucht. Für den Preis von 50 Dollar pro Kopf, dem Gegenwert von zwei Ziegen, verkauft er die Sklaven. Die liegen, nach langem Marsch, erst mal reglos im Gras, 5000 sind es diesmal. Hunderte Kinder, darunter sehr oft merkwürdig hellhäutige Babys, sehr viel heller als ihre Mütter vom Stamme der Dinkas.
Es ist nicht der übliche, den Europäern aus Büchern bekannte Sklavenhandel. Diese Sklaven werden in die Freiheit verkauft. Geschäftspartner von Salim ist ein drahtiger Mann, Anfang 50, der von weither kommt. Der Amerikaner John Eibner von der Schweizer Organisation Christian Solidarity International ist von einem Traum, einem Ziel, besessen: die zigtausend Unglücklichen zu befreien, deren Kriegsschicksal im Südsudan die Sklaverei ist.
Er tut das, seit er erfuhr, dass der islamische Norden in seinem Heiligen Krieg gegen die ungläubigen Untertanen im Süden die Versklavung der Zivilbevölkerung als Teil seiner Kriegsführung sieht. Er bleibt dabei, seit bewiesen ist, dass die christlichen Gefangenen von ihren arabischen Herren irgendwo im Norden schlimmer als Vieh behandelt werden - als Arbeitstiere und Sexdiener.
Fatima zeigt uns ihre verstümmelte Hand. Fatima hieß eigentlich Maria, aber ihr Herr zwang sie, dem Koran zu folgen. Die Hand? Sie hatte die Küche nicht zufriedenstellend aufgeräumt. Da hackte der Master auf die Hand ein. Wir hören viele solcher Geschichten. Aber wir hatten auch anderes gehört: Was Eibner da tue, löse das Problem nicht. Im Gegenteil: es rufe einen künstlichen Sklavenmarkt hervor. Das UN-Kinderhilfswerk distanzierte sich sogar von CIS. Eine Lösung des Sklaven-Problems, so UNICEF, liege allein in der Beendigung des sudanesischen Bürgerkriegs.
20000 Dinkas hat CIS inzwischen frei gekauft. "Ich kann nicht verhindern", sagt Eibner, "dass irgendwer auch profitiert von unserer Arbeit. Aber fragen sie mal einen Vater oder eine Mutter hier, was sie vorziehen - ihr Kind aus der Sklaverei zurück zu bekommen, jetzt, oder lieber auf das Ende des Krieges zu warten."
Dokumentation von Walter Heinz
21.45 Uhr Karl, der Knecht Treffpunkt Kuhstall
Karl Ruge ist 63 Jahre alt und lebt und arbeitet seit 30 Jahren auf dem Hof von Bauer Rathjen in Ahrensfelde bei Lübeck. Knechtsein - das ist für ihn Berufung: "Da hast du nie ausgelernt", philosophiert er im Kuhstall. Beim Melken muss man sensibel sein, und beim Füttern brauchen die Tiere eine starke Hand. Frau und Kinder hat er nie gehabt, denn als Junggeselle ist "eine Mark eine Mark wert und nicht nur 50 Pfennig." Sein privates Reich gleich neben den Kühen misst 10 Quadratmeter: ein Bett, ein Tisch, ein Fernseher, vier Koffer und ein altes Sofa. "Zu nobel" darf es Karl nicht sein. Sein einziger Luxus - Süßigkeiten von der Dorftankstelle, "aber nur die Guten". Und alle paar Wochen wirft er sich in Schale und fährt ins Amüsierlokal nach Lübeck. Dort ist er für ein paar Stunden "Karl der Große". Tanzen ist seine große Leidenschaft. Aber dann - nichts wie weg - zurück in den Kuhstall. Da ist er glücklich.
Film von Stefan Weiße
23.15 Uhr Schwedischer Tango Dokumentarfilm von Jerzy Sladkowski - Polen 1999
Die Wiege des Tango liegt in Buenos Aires. Von den Elendsvierteln der argentinischen Metropole aus verbreitete er sich weltweit und gelangte auch nach Schweden. Tanzen hat in Schweden gerade bei älteren Menschen Tradition, überall wird zum "gamla dans", dem Tanz für Alte , aufgespielt. Kerstin und Hans, beide jenseits der 70 und seit 50 Jahren ein Paar, bevorzugen argentinischen Rhythmen. Sie leben beim Tango ihr Temperament aus - und davon haben beide genug.
Der mehrfach ausgezeichnete Regisseur Jerzy Sladkowski hat Kerstin und Hans vier Monate lang bei ihren mühevollen Versuchen, die schwierigen Schritte zu erlernen, beobachtet - in Zeiten großer Zärtlichkeit, aber auch in Zeiten großer Streitigkeiten. Und er hat sie nach Buenos Aires begleitet, wo sie etwas von der Kunst lernen wollten, ein melancholisches Gefühl zu tanzen. Sladkowskis Film erzählt von der Faszination des Tangos und gewährt Einblicke in das Leben eines alten Liebespaares.
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