Phoenix Programmhinweis für Sonntag, den 29. Oktober 2000
Köln (ots)
Schauplatz Europa Neue 3-teilige Reihe 18.45 Uhr Die baltischen Staaten 1. Teil: Litauen
Der wirtschaftliche Zusammenbruch der Sowjetunion, den Gorbatschow mit politischen Reformen wie Glasnost und Perestroika vergeblich aufzuhalten versuchte, brachte den baltischen Staaten Litauen, Estland und Lettland ihre staatliche Unabhängigkeit zurück. Es blieben allerdings die Probleme der Umwandlung sozialistischer Planwirtschaften, die stark auf die UdSSR und die RGW-Länder (Rat der gegenseitigen Wirtschaftshilfe) ausgerichtet waren, in moderne Marktwirtschaften nach westlichem Vorbild. Es blieb das Problem der russischen Bevölkerungsminderheit, die nun die Fehler der sowjetischen Nationalitätenpolitik in umgekehrter Weise zu spüren bekam.
Die Filme schildern in geraffter Form die Geschichte des jeweiligen Landes bis zum Kampf um die Loslösung von der Sowjetunion und gehen dabei auch auf die besondere Rolle der Baltendeutschen ein. Mit unterschiedlichen Schwerpunkten wird im Litauen-Film ausführlich über den Unabhängigkeitsprozess berichtet; der Beitrag über Estland behandelt vorrangig die wirtschaftlichen Probleme, und der Film über Lettland beschäftigt sich besonders mit Landwirtschaft und Ökologie.
Dokumentation von Andrea Reischies (2000)
2. Teil am Sonntag, 5. November, 18.45 Uhr
20.15 Uhr Holokaust 6-teilige Reihe. 3. Teil: Ghetto
Vom Winter 1941 an rollten Menschentransporte in neu errichtete Vernichtungsstätten unweit der Ghettos, in denen der Mord fabrikmäßig betrieben wurde. In Chelmno, Belzec, Sobibor und Treblinka wurden beinahe doppelt so viele Menschen umgebracht wie im ungleich berüchtigteren Auschwitz. Gemordet wurde mit Motorabgasen, in kleinen abgedichteten Kammern. Die Opfer: Juden aus den Ghettos in Polen, darunter die aus dem Westen dorthin Deportierten, vornehmlich Alte, Kranke, Frauen und Kinder. Seit dem deutschen Überfall auf Polen 1939 waren sie Zug um Zug entrechtet, verfolgt und in ummauerten Stadtbezirken eingepfercht worden. Von 1941 an fungierten die Ghettos überdies als Zwischenstation für vertriebene Juden aus Hitlers Reich auf dem Weg zur Vernichtung.
Im Ghetto von Lodz vegetierten schon vor dem Eintreffen der Transporte aus dem Westen über 140.000 polnische Juden auf einem Gebiet von nur vier Quadratkilometern, in Behausungen ohne fließendes Wasser und Kanalisation. Die Zustände waren entsetzlich: Unter brutaler Aufsicht der deutschen Ghettopolizei wurden die Internierten als Zwangsarbeiter ausgebeutet.
Auch im Ghetto Warschau herrschte unbeschreibliches Elend. Auf engstem Raum, in einem Gebiet mit Wohnraum für knapp 40.000 Personen, waren 480.000 Menschen zusammengepfercht. Eine Mauer riegelte das Ghetto hermetisch ab, ohne Passierschein war kein Durchkommen möglich. Katastrophale hygienische Zustände, miserable medizinische Versorgung und eine völlig unzureichende Ernährung trieben die Sterberate nach oben. Waisenkinder, deren Eltern das Elend nicht überlebten, waren dem Hungertod geweiht. Das Ghetto wurde für Hunderttausende zum Wartesaal des Todes.
Im Juli 1942 begannen die Deportationen aus Warschau. Mit Hilfe des Judenrates wurden Todestransporte zusammen gestellt. Viele der Deportierten ließen sich von der Lüge blenden, dass sie in Arbeitslager evakuiert und damit der Hölle des Ghettos entrinnen würden. Wer sich freiwillig meldete, erhielt drei Kilo Brot und einen Eimer Marmelade. "Familien können zusammen bleiben", versprachen die Schergen. Vergebens verteilten Mitglieder der jüdischen Untergrundbewegung Handzettel im Ghetto, die vor der wahren Bestimmung der Menschentransporte warnten. Endstation war die Todesfabrik Treblinka.
Mit Aussagen von Opfern wie Tätern dokumentiert die Sendung die ganze Tragweite von Hitlers Vernichtungsbefehl für die betroffenen Menschen. In bislang noch nie gezeigtem Umfang erhält das Leid der Deportierten und Internierten nicht nur Stimme, sondern auch Gesicht. Trotz Zensur und Propaganda wurde der Schicksalsweg der Juden in die Ghettos des Ostens weitaus umfangreicher im Film festgehalten, als bisher angenommen. In einer weltweiten Suchaktion förderten die Autoren Filmrollen zu Tage, die die Verschleppung von Juden aus deutschen Städten wie Nürnberg, Dresden, Magdeburg, Stuttgart und das Elend der Ghettos von Warschau, Lodz, Krakau und anderen Städten erschütternd dokumentieren.
Film von Maurice Philip Remy in Zusammenarbeit mit Peter Hartl und Dominik Schulte (2000)
anschließend um 21.00 Uhr Diskussionsrunde fotos über www.ard-foto.de oder zdf-bilderdienst 06131/70-6100
Schauplatz Deutschland 21.45 Uhr Geheimsache Lebensborn Im SS-Heim geboren - wo sind die Eltern?
Noch immer sind sie von der Aura des Geheimnisvollen umgeben: Kinder, die in den Lebensborn-Heimen der SS während des Dritten Reiches geboren wurden. Etwa 7000 waren es, fast alle unehelich. Dennoch galten sie als "arische Elite", denn ihre Väter waren meist SS-Offiziere oder hohe Polizeiführer.
Auf viele dieser Kinder wartete ein trauriges Schicksal. Bei Kriegsende wurden fast alle Unterlagen durch die SS oder die Alliierten vernichtet. Wurzellos wuchsen diese Kinder in Pflegefamilien oder Waisenheimen auf, ohne je etwas über ihre Herkunft zu erfahren. Mindestens 5000 von ihnen sind noch heute auf der Suche nach ihren leiblichen Eltern oder nahen Verwandten. Manche haben nur durch Zufall etwas über ihre wahre Identität herausgefunden. Zu ihnen gehört die heute 59-jährige Aud Harzendorf aus einem Dorf bei Leipzig. Lange forschte sie ruhelos nach ihrer Vergangenheit. Alles, was sie wusste, war: Ihr Vater gehörte der Wehrmacht an, ihre Mutter hatte er während des Krieges 1940 in Norwegen kennen gelernt. In einem Lebensborn-Heim in Oslo war sie zur Welt gekommen - als blondes und blauäugiges Mädchen, umsorgt von Ärzten und Schwestern der SS. Als "arisch-wertvoller" Nachwuchs war sie mit zwei Jahren nach Deutschland gebracht worden, in ein Heim in Kohrens-Sahlis. Nach Kriegsende war sie bei einer Pflegemutter aufgewachsen.
Erst nach der Wiedervereinigung gelang es Aud Harzendorf, in Norwegen ihre leibliche Mutter ausfindig zu machen. Von ihr erfuhr sie den Namen des Vaters. Zu spät, denn er war schon seit Jahrzehnten tot. Aud Harzendorf gab nicht auf. Und tatsächlich fand sie vor kurzem in Dresden einen Cousin und eine Cousine, ihre einzigen deutschen Verwandten, die bis dahin keine Ahnung von ihr hatten. Die Geschichte von Aud Harzendorf und Hans-Ulrich W., einem weiteren Lebensborn-Kind, stehen im Mittelpunkt des Films. Hans-Ulrich W., heute 57 Jahre alt, erfuhr erst 1998 den Namen seiner leiblichen Mutter. Nachdem plötzlich im Bundesarchiv alte Karteikarten mit Daten über ihn und tausend anderen Lebensborn-Kindern aufgetaucht waren, hoffte Hans-Ulrich W. auf die Erfüllung seines Traumes: seine leibliche Mutter, seinen Vater und vielleicht seine Geschwister zu finden.
Dokumentation von Frank Berger (2000)
Rückfragen: Tel: 0228/9548-193
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