Phoenix-PROGRAMMHINWEIS
Mittwoch, 2. Mai 2001
Bonn (ots)
20.15 Uhr PHOENIX-Schwerpunkt: "Deutschland - Reiches Land, armes Land"
Erstmals wurde in der vergangenen Woche ein "Armuts- und Reichtumsbericht" von der Bundesregierung vorgelegt. Die Studie war im Januar 2000 in Auftrag gegeben worden. Auf rund 600 Seiten werden die Vermögens- und Sozialstrukturen in den Jahre bis 1998 analysiert. Als Ergebnisse des Berichtes wurde unter anderem dargelegt, dass sich der Abstand zwischen Armen und Reichen stetig vergrößert hat. Als arm gilt, so wurde definiert, wer weniger als 50 Prozent des durchschnittlichen Einkommens zur Verfügung hat. Größtes Armutsrisiko ist die Arbeitslosigkeit, gefolgt von Kinderreichtum und Krankheiten.
Die Reaktionen auf den Armutsbericht waren verhalten. Die Sozialpartner begrüßten zwar die grundsätzliche Situationsanalyse der Studie, bemängelten aber zugleich, dass die Regierung keine Gegenmaßnahmen nenne, um die Situation zu verbessern.
Welche konkreten Gegenmaßnahmen könnten kurzfristig das Problem der Armut in Deutschland entschärfen? Muss Deutschland die Frage der Verteilungsgerechtigkeit neu diskutieren? Inwiefern wird das "Kanzler-Wort", es gäbe kein Recht auf Faulheit, von Bedeutung für die anstehende Debatte sein?
Diese und weitere Fragen diskutiert Martin Schulze mit Konrad Gilges, SPD-Abgeordneter und Vorsitzender der Arbeitsgruppe Armut der SPD-Bundestags-fraktion, Artur Kebernik, Sozialarbeiter in Hamburg, und Helmut Becker, Präsident des Bundesverbandes der mittelständischen Wirtschaft.
Interessierte Zuschauer können sich über die PHOENIX-Hotline 01802-8217 und per Fax 01802-8213 an der Diskussion beteiligen.
9.30 Uhr Kolossal demokratisch Das neue Bundeskanzleramt
Kulisse der Macht, Verwaltungskomplex, Aushängeschild der neuen Republik: Schon vor seiner Fertigstellung spaltet das neue Bundeskanzleramt die Nation wie kein anderes Gebäude. Städtebaulicher Weitwurf, steingewordene Demokratie, ja, ein architektonisches Weltwunder jubeln die Anhänger; zu hoch, zu groß, zu teuer, kurz ein kolossales Monstrum, empören sich die Gegner. Kolossaler Fehlgriff oder gelungene Visitenkarte deutscher Demokratie, das wird sich endgültig bei der Einweihung im Mai zeigen, wenn die abgebauten Gerüste endlich die freie Sicht auf Axel Schultes und Charlotte Franks expressiven Entwurf ermöglichen. Doch bis dahin ist noch viel zu tun. Der Film dokumentiert die letzten hektischen Wochen bis zur Fertigstellung des Gebäudes, begleitet neben den beiden Architekten die Ingenieure, Mechaniker, Umzugsmanager und unzähligen Bauarbeiter bei der Arbeit. Neben den unmittelbar Beteiligt4en werden auch Architekturkritiker der kontrahierenden Positionen ihre Sicht auf den Bau darlegen und die zukünftigen Nachbarn darüber nachdenken, was sich für sie durch das symbolträchtige Gebäude verändern wird.
Film von Caroline Haertel, Mirjana Momirovic
14.00 Uhr Die Entscheider Anhörungen im Asylverfahren
"Guten Tag, ich entscheide darüber, ob Sie in Deutschland bleiben dürfen oder nicht," so präsentiert sich Dirk van Führen, wenn er seine Arbeit beginnt. Er hört Asylbewerber an und bestimmt, ob sie Asyl bekommen oder nicht.
350 Entscheiderinnen und Entscheider arbeiten in den Außenstellen des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge. In Düsseldorf waren fünf von ihnen bereit, sich bei ihrer täglichen Arbeit beobachten zu lassen. Die Asylbewerber aus Indien, Weißrussland, dem Iran und Sierra Leone bleiben in der Dokumentation zu ihrem Schutz anonym.
Die Anhörungen dauern bis zu drei Stunden, alles wird protokolliert. Vor allem eine Frage interessiert die Entscheider: "Warum haben Sie Ihre Heimat verlassen und warum suchen Sie in Deutschland Asyl?" Wenige Tage späte rwird aufgrund der Antworten auf alle Fragen über den Antrag entschieden. Dabei ist der Entscheider allein an die Gesetze, nicht aber an Weisungen seines Amtes gebunden. Nur knapp drei Prozent der Asylanträge werden gemäß Artikel 16a des Grundgesetzes anerkannt. Weitere acht Prozent der Flüchtlinge erhalten Abschiebeschutz, andere finden oft erst nach vielen Jahren über die Gerichte zu ihrem Recht.
Film von Hansjürgen Hilgert
Zwischen 14.45 Uhr und 18.30 Uhr Die Green Card AG Deutsche Wirtschaft braucht Ausländer
Fast drei Millionen ausländische Erwerbstätige arbeiten heute in der deutschen Wirtschaft. Das sind über acht Prozent aller Erwerbstätigen. In den 60er Jahren nannte man sie noch "Gastarbeiter". Sie erledigten anstrengende, nicht selten die schmutzigen Arbeiten, die kein Deutscher mehr machen wollte. Heute kommen sie mit der "Green Card" für qualifizierte Arbeit, für die nicht genügend Deutsche zu finden sind. Damals wie heute sind Ausländer ein wesentlicher Faktor für die deutsche Wirtschaft, heute mehr denn je. Ohne Ausländer stünden in der deutschen Wirtschaft viele Räder still, und das in allen Bereichen. Die erste Generation der ausländischen Arbeitnehmer hatte noch vorwiegend Tätigkeiten in der Produktion ausgeübt. Die Kinder und Enkelkinder haben sich qualifiziert. Sie sind heute immer häufiger Angestellte im Handel und in Dienstleistungsbereichen, und auch in der Forschung und Entwicklung ist der Anteil der Ausländer erheblich gestiegen. Nicht zu vergessen die ausländischen Unternehmer. Rund 280.000 Ausländer haben sich in Deutschland selbständig gemacht. Sie fördern unsere Wirtschaft durch Ideen und Innovationen. Sie schaffen über eine Million Arbeits- und Ausbildungsplätze. Die Unternehmen fragen immer mehr Ausländer nach. 75.000 Fachkräfte fehlen nach Schätzungen des Branchenverbandes in der Hard- und Softwarebranche. Viele dieser offenen Stellen sollen mit der Green-Card-Regelung besetzt werden. Schon rufen auch andere Wirtschaftszweige nach der "Green Card". Es fehlen Ingenieure, Facharbeiter, Forscher...
Film von Markus Resch
Zwischen 14.45 Uhr und 18.30 Uhr Abschied vom 8-Stunden-Tag
Von morgens acht, neun bis abends neun, zehn hocken sie in dem alten Café am Münchner Stachus zusammen. Wenn sie einen Break brauchen bei ihren langen Arbeitstagen vor dem PC, dann gehen sie gemeinsam Pizza essen und als Ausgleich fahren sie auch mal gemeinsam Ski. Die Arbeitszeit steht nur auf dem Papier. Was zu tun ist, weiß jeder selbst und kein Chef ordnet an, wann und wie viel gearbeitet wird. Bei Vitage, einem Internetanbieter für Drogerieartikel, gilt die "Vertrauensarbeitszeit". IBM war Vorreiter bei den Großen, bei den Start-Ups ist es gang und gäbe und sogar die Stadtverwaltung Wolfsburg ist dabei. Immer mehr Betriebe verzichten auf Kontrolle der Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter. Schon 10 % der Firmen mit mehr als 500 Beschäftigten - so schätzen Experten - setzen statt dessen auf die "Vertrauensarbeitszeit". Hier zählt nicht die Zeit, sondern das Ergebnis der Arbeit. Ein Thema nur für Angestellte? Mitnichten. Am Rheinufer in Duisburg stehen die Hallen der Sachtleben-Chemie AG, äußerlich ein typischer Petrochemie-Betrieb mit Tanks, Rohrleitungen, Ventilen und allem, was dazugehört, auch mit Schichtarbeit in der Produktion. Trotzdem organisieren die Arbeiter ihre Schichten dort ohne eine Kontrolle von oben selbst. "Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser", heißt es dort und anderswo. Die Unternehmen schätzen den Erfolg der neuen Konzepte: Höhere Leistung. Den Arbeitnehmern haben sie neue Freiräume gebracht: Mehr Eigenverantwortung, Erfolgsprämien, flexible Arbeitszeiten und in vielen Branchen die Möglichkeit, teilweise zu Hause zu arbeiten. Aber der Abschied von der Stechuhr hat auch starke Schattenseiten. Die Freude an der Arbeit und die größere Verantwortung führen nicht selten dazu, dass Arbeitnehmer ihre Kräfte überschätzen. Oder es entsteht ein solcher Erfolgszwang, vor allem in Teams, dass manch einer diesen Druck nicht lange aushält. Es geht also nicht ohne Regeln. Aber wie misst man nun die Arbeit, wie regelt man Bezahlung und Freizeit? Ein Bericht aus mehreren Betrieben, im Mittelpunkt die Menschen und ihre Erfahrungen mit der neuen Art, Arbeit zu bewerten.
Film von Monika Hoffmann Zwischen 14.45 Uhr und 18.30 Uhr Wir sind Millionen
Der Film beschreibt das Schicksal und die Initiative von zwei arbeitslosen Frauen aus Geldern am Niederrhein: Mary Ann Christen-Meyer (50) und Brigitte Konrad (48). Sie hatten 1998 "die Schnauze voll vom Herumhängen in Arbeitslosigkeit und Depression" und starteten ein beispielloses Projekt. Sie gründeten die Initiative "Lichtblick Arbietslosen-Offensive Geldern" und organisierten einen bundesweiten Song-Wettbewerb, an dem nur Arbeitslose teilnehmen konnten. Über 400 Beiträge kamen innerhalb von 6 Wochen zurück. Unter "solidarischer Mithilfe" von Peter Maffay, Ina Deter, Bläck Föös, Brings und anderen Bands entstand die erste deutsche Arbeitslosen CD. Mit dem Song "Ich bin doch noch da" gelang es den beiden Frauen, die Band Magic Street Voices für den Text des Arbeitslosen Karl-Heinz Labetsch zu begeistern. Die Musiker vertonten die Gefühle eines Arbeitslosen in einem ausdrucksstarken Song.
Mary-Ann Christen-Meyer war Sportjournalistin bei einer Zeitung und bemüht sich seit Jahren vergeblich um eine neue Festanstellung. Brigitte Konrad versucht ihren Lebensunterhalt mit Büro-Heimarbeit zu verdienen.
Der Film beobachtet die Aktivitäten der beiden Frauen innerhalb des Musikprojektes, in ihrem Alltag und verknüpft dies dramaturgisch mit Gesprächen zu ihrer Lebenssituation. Hat sich etwas durch die Eigeninitiative verändert? Wie haben die Öffentlichkeit, die Unternehmer, die Arbeitslosen reagiert? Wie steht das Arbeitsamt zu den Forderungen der Frauen? Wie beeinflußt Arbeitslosigkeit die Lebensgemeinsschaft der beiden Frauen?
Film von Werner Kubny
Neue 5-teilige Reihe 19.15 Uhr Made in Germany 1. Teil: Bankier nach Maß - Alfred Herrhausen
In dieser Reihe werden Unternehmer und Manager vorgestellt, die die wirtschaftliche, gesellschaftliche und soziale Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland erheblich geprägt haben.
Alfred Herrhausen, studierter Betriebswirt, begann seine Karriere im Ruhrgebiet. Bereits mit 41 Jahren war er jüngstes Vorstandsmitglied und später Sprecher der Deutschen Bank. Schlagzeilen machte er 1988, als er für die Länder der Dritten Welt den internationalen Teilschulden-Erlass anregte und schließlich durchsetzte. Im Inland boxte er gegen viele Widerstände den Umbau von Daimler-Benz zum "integrierten Technologie-Konzern" durch. Herrhausen galt als Vordenker und Stratege, war Mitglied in deutschen Aufsichtsräten, gefragter Vortragsredner, dem es stets wichtig war, über das Tagesgeschäft hinaus zu denken. Ein Überflieger, der nebenbei auch noch der wichtigste Wirtschaftsberater der Bundesregierung war. Seine Machtfülle wurde immer wieder kritisiert. War er eine Art Nebenkanzler?
Film von Raimund Kusserow (2000)
21.00 Uhr Ich bin reich arm
Sie alle leben in Hamburg, Deutschlands reichster Großstadt. Sie aber kennen keine Reichen, sie kennen Arbeitslosigkeit, kaputte Beziehungen, zu enge Wohnungen, Gewalt und Alkoholismus, Angst und Einsamkeit. Dem setzen sie ihre Träume und Zukunftspläne entgegen, Witz und Stoizismus, aber auch Aggression gegen die noch Schwächeren.
Die Kinder kommen allein zu Wort, die Interviewerin hält sich im Hintergrund. Die Gespräche sind schlich geführt, ernst wie mit einem Erwachsenen, in strengen Großaufnahmen aufgenommen. Die Kinder sind noch in einem Alter, in dem sie sich noch nicht aufgegeben haben, in dem noch Veränderung möglich ist. Ihre Worte sind unverfälscht, ehrlich und offen, ihre Statements sind erschütternd unsentimental und entwaffnend kindlich. Man kann sich ihnen nicht entziehen. Sherry Hormanns Film geht tiefer und weiter als jedes andere Zeitdokument, jede noch so deprimierende Statistik.
Film von Sherry Hormann
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