Bundestagspräsident: Arbeit des Parlaments muss transparenter werden / Wolfgang Thierse im PHOENIX-Interview
Bonn/Berlin (ots)
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hat im PHOENIX-Interview die zum Teil unüberschaubaren Entscheidungskompetenzen auf europäischer Ebene kritisiert: "Sehr viel wird dort entschieden, ohne dass es eine allzu eindeutige und wahrnehmbare parlamentarische Kontrolle gibt. Deswegen ist es ein Akt der Demokratisierung Europas, wenn genau unterschieden wird, welche Ebene welche Kompetenz haben soll." In den nächsten Jahren müsse darüber debattiert werden, wie die Entscheidungsebenen in Europa künftig verteilt sind.
Zu einem möglichen Einsatz der Bundeswehr in Mazedonien und einer dafür notwendigen Sondersitzung des Bundestages in der Sommerpause wollte der Parlamentspräsident keine Angaben machen, da die Entwicklung in Mazedonien derzeit nicht kalkulierbar sei.
Thierse gab bekannt, dass im Bundestag demnächst ein Experiment laufe, in dem Bürger sich via Internet mit Meinungen und Vorschlägen zu laufenden Gesetzgebungsverfahren äußern könnten. "Wir wollen sehen: Ist das wirklich ein Akt der Demokratisierung? Ist es vielleicht sogar etwas, was dem Parlament nutzt?" Zudem sprach er sich für größere Transparenz in der parlamentarischen Arbeit aus: "Der Bundestag ist ein wirklich fleißiges Parlament, aber den größten Teil sieht man nicht, weil die Arbeit in den Ausschüssen, Arbeitsgruppen und Fraktionen stattfindet." Wenn es gelänge, auch im Fernsehen Formate zu finden, in denen man diese Arbeit zeigen könne, wäre viel gewonnen. Auch die Plenardebatten in der Kernzeit sollten so interessant, kontrovers und plastisch sein, dass die Bürger tatsächlich verstünden, dass über ihre eigenen Probleme geredet werde. "Ich werbe dafür, dass die Ausschüsse viel mehr öffentliche Sitzungen machen als bisher", erklärte der Bundestagspräsident.
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