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PHOENIX

phoenix premiere: POLEN 39 - Wie deutsche Soldaten zu Mördern wurden - Samstag, 26. Oktober 2019, 21.00 Uhr

Bonn (ots)

Ein Film von Alexander Hogh und Jean-Christoph Caron, phoenix/ZDF/2019

Der Zweite Weltkrieg ist Anfang September 1939 nur wenige Stunden alt, da finden die ersten deutschen Verbrechen statt: Stukas machen Jagd auf Zivilisten, "ganz normale" deutsche Soldaten brennen polnische Dörfer nieder und ermorden jüdische Polen, Kriegsgefangene und polnische Zivilisten. Die Bilanz des Polenfeldzugs: Über 15.000 polnische Bürger werden im September und Oktober 1939 von SS und Wehrmacht außerhalb von Kampfhandlungen getötet. Die Dokumentation in Kooperation von phoenix und arte geht der Frage nach, wie in kürzester Zeit aus "ganz normalen Männern" Kriegsverbrecher werden konnten - und warum einige Wenige sich dem mörderischen Geschehen widersetzt haben.

Mittels moderner Graphic-Novel-Illustrationen aus der Hand des deutsch-iranischen Animations-Künstlers Ali Soozandeh ("Teheran Tabu") portraitiert der Film drei "ganz normale" deutsche Soldaten des Polenfeldzuges: Unteroffizier Walter K., 28 Jahre, aus Oberfranken; Feldwebel Wilhelm Hosenfeld, 44 Jahre aus dem Raum Fulda, sowie SS-Mann Erich Ehlers, 27 Jahre, aus Kiel, haben Tagebücher und Briefe hinterlassen, in denen sie ihre Eindrücke, Taten und Motive schildern. Wie unter einem Brennglas geben diese drei Geschichten Einblicke darin, wie wohl einige deutsche Soldaten im Vernichtungskrieg gegen Polen 1939 dachten und handelten. Daneben werden auch andere Akteure und Schlüsselsituationen dieses Krieges gezeigt. So rekonstruiert der Film das Verhalten von Regisseurin Leni Riefenstahl, die im September 1939 Augenzeugin eines Massakers von Wehrmachtssoldaten an polnischen Juden wird, worüber sie nach dem Krieg widersprüchliche Aussagen verbreitete.

Der Film schildert die Kämpfe an der Front, geht auf die Mord-Aktionen der SS ein, erzählt aber auch von Gesten der Menschlichkeit, die es bei Soldaten wie Wilm Hosenfeld und anderen Wenigen gegeben hat. So berichtet der Zeitzeuge Jan Turnau, Jahrgang 1933, "wie ein deutscher Offizier, der bei uns einquartiert war, eine Gruppe polnischer Jugendlicher unter einem Tisch versteckt hat, über dem eine lange Decke lag". Doch einzelne Gesten der Hilfe und Humanität können nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Feldzug einem Ziel dient: Die "lebendige Kraft" des polnischen Staates solle zerstört werden, wie Adolf Hitler zuvor in einer Besprechung auf dem Obersalzberg am 22. August 1939 von der Wehrmachtsführung forderte. Auch präsentiert die Dokumentation jüngste Erkenntnisse über sexuelle Gewalttaten alalan polnischen Frauen, bei denen es laut Historikerin Maren Röger oftmals zu Gruppenvergewaltigungen durch deutsche Soldaten kam. Zu weiteren interviewten Historikern aus Deutschland und Polen zählen Dr. Jochen Böhler, Prof. Sybille Steinbacher, Prof. Włodzimierz Borodziej, Prof. Cezary Król und Dr. Dawid Golik.

"Auch rund 80 Jahre nach den deutschen Verbrechen von 1939 sind wir heute in Europa leider immer wieder mit Phänomenen von rassistischer, antisemitischer Gewalt konfrontiert", so phoenix-Redaktionsleiter und Co-Autor des Films Jean-Christoph Caron, "daher haben wir Experten auch um Antworten gebeten, was man aus der Geschichte für uns heute lernen kann, wie man die Ursachen von Gewalt bekämpfen und Zivilicourage fördern kann." Diese Aktualitätsbezüge werden in einer speziellen Social-Media-Begleitkampagne auf den phoenix-Digitalkanälen thematisiert, u.a. mit dem Sozialpsychologen Prof. Harald Welzer, dem Psychologen Prof. Detlef Fetchenhauer und der Anti-Gewalt-Trainerin Heike Leye.

Die phoenix-arte-Dokumentation zeigt mit hintergründigen Interviews, historischen Erklärgrafiken und eindringlichen Graphic-Novel-Animationen, wie gleich zu Beginn des Zweiten Weltkrieges ganz normale Soldaten ihr Gewissen verloren und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begingen. Gleichzeitig vermittelt der filmische Blick auf jene Soldaten, die polnischen Bürgern geholfen haben, auch eine konstruktive Botschaft für Heute: nämlich, dass es selbst in diktatorischen Regimen und auch im Krieg gewisse Handlungsspielräume für Zivilität geben kann. "Insofern muss man sagen, haben viele deutsche Soldaten ihre Möglichkeiten da auch unterschätzt, was sie alles doch hätten tun können, um nicht selber zu Mördern zu werden", formuliert der Kölner Psychologe Fetchenhauer diese Erkenntnis im Film.

ARTE, Sonntag, 1. September 2019, 20.15 Uhr

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