Ostsee-Zeitung: Zum Stressreport 2012
Rostock (ots)
(...) In vielen Betrieben gehören Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit und Selbstausbeutung zum Jobprofil. Wer sich aber 24 Stunden in Bereitschaft fühlt, im Büro zwischen mehreren Aufgaben gleichzeitig jongliert und dafür nicht mal Anerkennung bekommt, ist ohne Zweifel ein Kandidat für Burnout. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt mag recht haben: Natürlich wird diese Diagnose heutzutage häufiger gestellt als vielleicht noch vor 20 Jahren. Tatsächlich hat jedoch der Druck in der digitalen Welt zugenommen. Die Frage ist, wie Unternehmen und Angestellte damit umgehen. Dazu gehört ein radikales Umdenken in puncto Scheu und Scham: Solange psychische Erkrankungen als persönliches Versagen gelten, ist keine Besserung in Sicht. Der Leidensdruck der Betroffenen steigt immer mehr und gesamtwirtschaftlich betrachtet auch der finanzielle Schaden. Schon jetzt verlieren Unternehmen viele Milliarden Euro, weil ihre Mitarbeiter keine professionelle Hilfe bekommen - oder sich nicht trauen, diese in Anspruch zu nehmen. Dass sich die Arbeitgeber mit den Gewerkschaften nicht auf eine gemeinsame Anti-Stress-Verordnung einigen können, ist ein schlechtes Zeichen. Es fehlt offenbar schlicht der Wille zu reagieren: Beim körperlichen Arbeitsschutz ist Deutschland schließlich auch top. Der seelische Schutz ist mindestens genauso wichtig.
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