Neue Westfälische: Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug Ein Risiko HUBERTUS GÄRTNER
Bielefeld (ots)
Wenn es um die Behandlung von psychisch kranken Straftätern geht, dann haben die Bürger an den Stammtischen ihre Rezepte längst gefunden. Sie lauten: Wegsperren für immer oder schlimmer. Die Leiterin der Maßregelvollzugsklinik in Lippstadt-Eickelborn, Nahlah Saimeh, steht hingegen gewiss nicht unter dem Verdacht, platte Parolen zu klopfen. Ihre Forderung nach Zwangsmedikation von psychisch kranken Strafttätern ist durchdacht und sie betrifft auch nur eine bestimmte Klientel. Saimeh will schizophrene Patienten, die ihr Kranksein nicht erkennen können und Therapie verweigern, letztlich mit Gewalt zu ihrem Glück zwingen. Moderne Medikamente machen es heute möglich, die chemische Seite der Psyche und die deformierte Wahrnehmung zu reparieren. Ist es da nicht ein Akt der Menschlichkeit, den Schizophrenen die Pillen einzuflößen und ihnen dadurch am Ende sogar wieder ein Leben in Freiheit zu ermöglichen? Mag sein. Aber auf der anderen Seite steht ein Risiko. Wer Zwangsbehandlungen das Wort redet, der öffnet leicht das Tor zur Unmenschlichkeit. Das ist nicht die Absicht von Nahlah Saimeh. Aber es gilt, in dieser Frage sehr sorgsam abzuwägen. Damit von der intendierten Hilfe am Ende nicht die Willkür und das Experiment am Menschen übrig bleibt.
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