Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar FDP gegen Finanztransaktionssteuer Gewagtes Manöver ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN
Bielefeld (ots)
In der Politik geht es zu wie im richtigen Leben: Manchmal rennt jemand mit offenen Augen in ein Unglück. Warum gerade die FDP meint, sich ein klares Nein bei der Finanztransaktionssteuer leisten zu können, ist ein Rätsel. FDP-Chef Philipp Rösler und der Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle warnen eindringlich: Solange Großbritannien gegen eine Einführung sei, wolle auch die FDP weiter Nein sagen. Dass die Liberalen mit dieser Position baden gehen werden, lässt sich jetzt schon erahnen. CDU und CSU sind sich hier ausnahmsweise mal einig: Beide wollen die Steuer, ebenso wie alle anderen Parteien im Bundestag. Für sie alle ist das zu Recht eine Gerechtigkeitsfrage, denn bei dieser Steuer geht es auch darum, nicht nur die kleinen Steuerzahler sindern auch die Banken und vor allem die großen Spekulanten an den Folgen der Krise zu beteiligen. 80 Prozent der deutschen Wähler erwärmen sich spontan für diese Finanzmarktsteuer. Das Thema Gerechtigkeit dürfte in den kommenden Wahlkämpfen eine große Rolle spielen. Der liberale Politiker Wolfgang Kubicki, der im Mai für die FDP eine Wahl in Schleswig-Holstein überleben muss, hat sich bereits als Befürworter der Steuer zu erkennen gegeben. Also stellt ein kategorisches Nein die FDP auch im Inneren vor eine Zerreißprobe, was angesichts von Umfragewerten zwischen zwei und vier Prozent ein gewagtes Manöver ist. In CDU und CSU nimmt die ohnehin wenig ausgeprägte Neigung erkennbar ab, auf den kleinen Koalitionspartner besondere Rücksicht nehmen zu wollen. Sollte die fragile schwarz-gelbe Koalition wegen des Streits um die Finanztransaktionssteuer noch vor 2013 platzen, könnten sich Merkel und die Union berechtigte Hoffnungen machen, in der nächsten Regierung wieder mit an Bord zu sein. Eine solche Zukunft lässt sich für die FDP nicht vorhersagen.
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